TikTok

Laden Sie sich die App TikTok nicht gleich aufs Handy! Denn der suchtauslösende Faktor ist beträchtlich. Und das, obwohl – oder gerade weil? – die Sache zunächst völlig sinnfrei erscheint. Pures Entertainment, meist junge Leute die zu Musik 15 Sekunden lang Faxen machen. Das Nette ist, Sie können, auch am Desktop, ganz ohne Anmeldung bei TikTok reinschauen. (Wenn Sie das gemacht haben, sind jetzt vermutlich 10 Minuten vergangen.)

Das tun tatsächlich bereits über vier Millionen Deutsche, und zwar im Schnitt 39 Minuten täglich. Laut Angaben von TikTok verzeichnet man hierzulande 6,5 Milliarden Videoaufrufe monatlich. Werbung wird in Europa bereits getestet, es gibt aber noch nichts Offizielles von TikTok dazu. Bei internationalen Zahlen zu TikTok muss man im Hinterkopf behalten, dass gut die Hälfte der Nutzer in der chinesischen Heimat des Unternehmens leben. Dennoch weist die App ein so rasantes Wachstum auf, dass sich besonders bei jungen Zielgruppen ein näherer Blick lohnen dürfte. Storytelling-Formate auf Video wie heise tipps+tricks, die ohnehin im Trend liegen, sind in dieser Kürze auch kreativ reizvoll.

Wer nutzt TikTok wie oft?

Für die Öffentlichkeit gibt TikTok keine Nutzerstatistiken heraus. Nur, dass die App bereits 1 Milliarde Downloads verzeichnet. Es gibt dennoch (unterschiedliche) Zahlen – geleakt und zum Beispiel von AdAge aufgeschnappt; hier ein paar wesentliche:

  • 800 Millionen Menschen im Monat sind regelmäßig aktive Nutzer, davon 300 Millionen außerhalb Chinas.

  • 69 Prozent der Nutzer sind zwischen 16 und 24 Jahre alt; 60 Prozent sind weiblich. Nur 16 Prozent sind über 35 Jahre alt.

  • Die 30 Millionen Nutzer in den USA benutzen TikTok durchschnittlich 8-mal täglich, insgesamt für 46 Minuten.

TikTok, Screenshot der Startseite, Quelle:

TikTok, Screenshot: www.tiktok.com/de

Wie funktionieren Anzeigen auf TikTok?

Die folgenden Angaben sind als vorläufige Orientierung gedacht. TikTok Ads sind derzeit in Europa noch nicht verfügbar. Das Werbetool erlaubt allerdings bereits Voranmeldungen, auf die das Unternehmungen Rückmeldungen binnen knapp einer Woche verspricht. Werbekampagnen zu managen, läuft auf TikTok sehr ähnlich wie etwa bei Facebook ab, hat OMR herausgefunden und durchgespielt. Hier können also Budgets, Zielgruppen usw. detailliert eingestellt werden – Business as usual.

Für die Konzeption von TikTok-Werbevideos interessanter sind aber die ab Seite 17 aufgelisteten Formate im TikTok-Deck, das am Ende des AdAge-Posts eingefügt ist.

  • Der Mercedes dürfte „Brand Takeover“ sein: TikTok garantiert 5 Millionen Impressions täglich und Exklusivität für eine einzige Marke am Tag.

  • „In-Feed-Videos“ erscheinen in demselben Format wie normale Uservideos und erlauben ein Durchklicken zu externen Seiten.

  • „Auction Ad Sneak Peak“ erlaubt – nur bei In-Feed-Videos – das Schalten von Anzeigen in einem Auktionsmodell.

  • „Hashtag Challenge“-Aktionen sollen User motivieren, zu einem bestimmten Hashtag selbst Content zu erstellen – das geschieht in durchaus erheblichem Umfang ohnehin laufend. Bei Werbung wird allerdings ein „Sponsored Hashtag“ eingespielt.

  • „Branded Lens“ und „Top View“ variieren die Möglichkeiten, Marken einzuspielen, noch weiter.

Generell sind Videos bis zu 60 Sekunden Länge möglich, wobei TikTok aber ausdrücklich 9–15 Sekunden empfiehlt. Das Deck informiert außerdem darüber, welche Targeting-Optionen vorgesehen sind, welche Auktionsformen es gibt und wie Userverhalten getrackt, also nachverfolgt wird (Seite 20–22). Am Schluss gibt es noch einige Beispiele, unter anderem über Influencer oder ein Ad von Universal Pictures.

Die Preise für TikTok-Ads beginnen laut dem Deck mit Stand Januar 2019 im niedrigen fünfstelligen Dollarbereich – mit Ausnahme der individuell zu vereinbarenden Influencer-Pakete, deren Preise natürlich nicht zuletzt vom Ranking der jeweiligen Influencer abhängig sind. Die Preisgestaltung wird offenbar aktuell von TikTok ausgetestet und weiterentwickelt. Digiday hat Versuche mit einem Cost-per-Click-Modell geortet, von TikTok dazu aber keine offiziellen Auskünfte erhalten.

Was posten Unternehmen auf TikTok?

Die Tagesschau ist schon mal vorgeprescht und lässt zum Beispiel Sprecher Jan Hofer Krawatten ausprobieren. Das ist nun natürlich keine Anzeige, sondern „normaler“ Content, kostenlos und jederzeit erstellbar bzw. hochladbar, für Deutschland gemäß der Endnutzer-Lizenzvereinbarung bzw. den AGB. Das funktioniert ausschließlich über die App, die es für Android und iPhone gibt.

Aktive Nutzer brauchen einen Account, der sich über eine E-Mail-Adresse oder eine Mobilnummer sowie über Facebook- und Googlekonten eröffnen lässt. Zusätzlich wird nur ein Geburtsdatum abgefragt. Wie in anderen Plattformen lassen sich dann Videos liken, kommentieren und man kann anderen Nutzern folgen. Das Teilen der eigenen Videos ist öffentlich oder nur für Freunde und auch ganz privat möglich, außerdem direkt als Mailnachricht, über Facebook, WhatsApp und über SMS. Die Kommentarfunktion lässt sich ein- und ausschalten.

Innerhalb der App gibt es unterschiedliche Filter und weitere Effekte für Videos, die sich recht intuitiv erschließen und testen lassen – risikolos, weil Videos auch als Entwurf gespeichert werden können. Die Grundfunktionen von TikTok sind inzwischen auch auf Deutsch beschrieben.

Sounds, vor allem Musikstücke, die TikTok selbst offeriert, sind bei den Videos essenziell. Man merkt der App hier ihre Herkunft aus dem Karaoke-Genre an. Ein absoluter Hype sind auch sogenannte Challenges: Hier nehmen zahllose Nutzer teil, die vorhandene Videos, Musikclips oder Memes unendlich variieren. Die Duett-Option erlaubt es, einem vorhandenen Video eine Variation oder auch etwas Kontrastierendes simultan, also auf demselben Bildschirm abgebildet gegenüberzustellen.

Bei gezielten Interessen ist die Suchfunktion der App interessant. Mit ihr kann man Stichworte in den Kategorien „Top, Benutzer, Videos, Sounds und Hashtags“ einsetzen, um das Repertoire zu durchstöbern. Etwa die Videosuche nach „Pizza“ führt unter anderem zum TikTok-Account von Pizzahut, wo die Weiterverwertung des Pizzahut-Contents ganz anschaulich sichtbar wird.

Privatsphäre und Sicherheit bei TikTok sind selbstverständlich vom Unternehmen aus reguliert. Die Richtlinien untersagen die Darstellung von Gewalt, Nacktheit usw. – man kennt das. Über die Einhaltung und Kontrolle ist wenig bekannt. Wie andere Apps ist jedenfalls auch TikTok nicht davor gefeit, für Mobbing, Pornografie und andere unerwünschte Zwecke missbraucht zu werden – selbst in der vermeintlich beschaulichen Schweiz. In Winterthur ist die Stadtpolizei auf TikTok aktiv, allerdings nicht ohne vor den Gefahren der App zu warnen.

TikTok: Was steckt sonst noch dahinter?

Das Image der App ist naturgemäß je nach Branche mehr oder weniger als Werbeumfeld geeignet – Bestattungsunternehmen gehören kaum dazu, und zumindest derzeit finden sich Silver-Ager auch nicht nennenswert unter den Zielgruppen. Dass die App aus China kommt und daher auch die chinesische Politik quasi im Rucksack herumträgt, wird auf Unternehmen, die TikTok nutzen, nur ausnahmsweise abfärben. Zumindest legt der Vergleich mit Facebook diesen Schluss nahe. Zwar haben sich einzelne Unternehmen unter Hinweis auf zum Beispiel die Datenschutzprobleme in Zuckerbergs Reich durchaus öffentlichkeitswirksam von Facebook verabschiedet; andersherum ist aber nicht bekannt, dass Unternehmen langfristig erhebliche Nachteile in der öffentlichen Meinung eingefahren hätten, nur weil sie eine Facebook-Seite betreiben.

Das rasant gewachsene Start-up hinter TikTok ist Beijing Bytedance Technology, gegründet 2012 und seit 2017 mit TikTok am Markt. Der chinesische Internetkonzern hat TikTok mit der Mitsing-App Musical.ly verschmolzen. Bytedance hat eine ganze Reihe von Plattformen im Portfolio, etwa den Nachrichtendienst Toutiao, die Videoservices Xigua und Vigo Video, die Selfiemaschine Faceu, bei Social Media auch noch Helo sowie Buzzvideo, eine Plattform, mit der virale Videos gesucht und geteilt werden können.

Fazit: Für Unternehmen mit der passenden Zielgruppe lohnt sich ein Test!

TikTok ist für Unternehmen im Bereich Social-Media-Marketing sicher ein spezieller Fall – hinsichtlich Stil und Zielgruppe sowieso, aber auch was die Entwicklung in der Zukunft betrifft. Als Standbein dürfte sich die App für die wenigsten Branchen anbieten, und was die Anzeigenpreise angeht, liegt TikTok für KMU jedenfalls außerhalb dessen, was man so nebenbei investieren möchte. Aber ein Versuch mit einem kleinen Account ist durchaus überlegenswert.

Newsletter abonnieren

Verpassen Sie keinen Blog-Eintrag mehr!

Abonnieren Sie unseren Blog und halten Sie Ihr Online-Marketing-Wissen aktuell!
Newsletter abonnieren

Mehr zum Thema Social Media

Erfahren Sie mehr zu Social Media für Unternehmen.

Kostenlose Bilder

Was bieten Bildernetzwerke wie Instagram, Pinterest & Co. für Unternehmen? Holen Sie sich Tipps.

Verkauf mit Instagram

Wie und was verkaufen Sie am besten auf Instagram? Unser Blogbeitrag gibt Ihnen wichtige Hinweise.