Mobile Payment

Was zeitgemäße Erfindungen angeht, sind die Deutschen gerne mal renitent. Eine dieser Erfindungen ist das bargeldlose Zahlen mit Handy oder Smartphone. Die Deutschen zahlen immer noch am liebsten bar, wie eine von der Beratungsfirma Barkow Consulting in Auftrag gegebene Studie zeigt. Danach wird hierzulande nur jede zwanzigste Zahlung mit einer Kreditkarte abgewickelt. Und die Europäische Zentralbank hat herausgefunden, dass die Deutschen im Schnitt 103 Euro in bar bei sich tragen – im Rest der Eurozone sind es 65 Euro.

Aber ganz so schlimm kann es nicht sein, denn die Popularität der EC-Karte im Vergleich zu Kreditkarten ist ebenfalls ungebrochen. Sie kommen wesentlich häufiger als Kreditkarten zum Einsatz, was den Kreditkartenunternehmen natürlich ein Dorn im Auge ist. Allerdings ist der Grund zunächst einmal materieller Natur. Eine Kreditkarte kostet sowohl den Einzelhandel als auch den Nutzer Gebühren. Auch die meisten bisher etablierten Zahlungsmodelle per Smartphone kosten selbst Geld. Dagegen kosten EC-Karten den Kunden (meistens) nichts außer Kontogebühren – sofern er nicht sowieso ein kostenfreies EC-Konto hat.

Lösungen für Online und Mobile Payment auf dem deutschen Markt

Trotzdem können Nutzer auch in Deutschland zwischen einer Vielzahl von Online- und Mobil-Bezahldiensten wählen. Jüngst gesellte sich zu den Anbietern eine mächtige Allianz hinzu: Paypal, Google und Mastercard kündigten an, gemeinsam ihren Nutzern das mobile Bezahlen auch an der Ladenkasse anzubieten. Paypal-Nutzer können künftig mit einem Android-Smartphone im Supermarkt bezahlen. Sie müssen sich dafür die Google-Pay-App herunterladen und ihr Paypal-Konto mit der App verbinden. Im Hintergrund wickelt eine digitale Mastercard die Einkäufe ab. Google Pay gewinnt damit auf einen Schlag um die 20 Millionen mögliche Kunden hinzu. Bisher konnte Google Pay nur nutzen, wer Kunde bei der Commerzbank, Comdirect oder N26 war.

Allerdings lassen sich die heimischen Banken und Sparkassen ihr Geschäft nicht so leicht wegnehmen. Seit Sommer bieten sowohl Sparkassen als auch die Volks- und Raiffeisenbanken eigene Lösungen. Sie funktionieren auch mit den populäreren Girokarten im Hintergrund. Wie erfolgreich sie sein werden, muss sich zeigen. Um Paypal etwas entgegenzusetzen, bieten deutsche Banken seit zwei Jahren Paydirekt an, das Nutzern ermöglicht, ihre Online-Käufe direkt und ohne Datenweitergabe an Dritte vom Konto zu bezahlen. Populär ist das aber nicht. Paydirekt bringt es auf 1,6 Millionen Kunden. Zum Vergleich: Paypal hat in Deutschland 19 Millionen Kunden. Allerdings bieten auch erst 20 Prozent der deutschen Online-Händler Zahlungen über Paydirekt an.

Dabei ist die deutsche Loyalität zum Bargeld im Vergleich zu anderen großen Industrieländern eher ungewöhnlich – wenn auch nicht gerade neu. Schon in den frühen 1990er-Jahren wiesen Reisebüros Amerika-Touristen darauf hin, dass sie in den USA ohne gängige Kreditkarte Schwierigkeiten hätten, ein Hotelzimmer oder einen Mietwagen zu buchen. Mittlerweile ist die Schere eher weiter aufgegangen. In den USA, Großbritannien oder Skandinavien ist es dagegen seit vielen Jahren gang und gäbe, selbst für kleinere Beträge die Kreditkarte zu benutzen – etwa für kleine Einkäufe, das Bier in der Kneipe oder das chinesische Essen vom Bringdienst. 2015 wurde in Schweden nur noch jeder fünfte Einkauf bar bezahlt. Heute braucht man in dem skandinavischen Land nicht mal mehr auf dem Wochenmarkt Bargeld.

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    Mobile Payment ist bislang noch eine Nischenlösung

    Die nächste Entwicklungsstufe sind Lösungen zum Zahlen und zum Abwickeln anderer Bankgeschäfte von einem mobilen Endgerät aus. Das Smartphone als Ersatz für das Portemonnaie wird immer mal wieder als zukunftsträchtige Lösung in die Diskussion geworfen, aber wirklich durchgesetzt hat es sich bisher nicht. Das zeigen Erhebungen wie die jüngst vom EHI Retail Institute durchgeführte Studie Kartengestützte Zahlungssysteme im Einzelhandel 2018.

    Danach ist Mobile Payment im stationären Handel eher unbedeutend, auch wenn hier der Umsatzanteil von Bargeld seit Jahren zurückgeht. Er lag im vergangenen Jahr zum ersten Mal nur noch bei etwa der Hälfte des Gesamtumsatzes. Allerdings machen 46,7 Prozent davon Kartenzahlungen aus, 2,5 Prozent sind Käufe auf Rechnung und lediglich 0,6 Prozent andere Zahlungsarten. Zudem zeigt die Untersuchung auch, dass hierzulande weiterhin Bargeld populär ist. 77,9 Prozent aller Einkäufe wurden bar bezahlt, speziell wenn es um kleinere Beträge ging. Die im Rahmen der Studie befragten Händler erwarten, dass bei Beträgen unter 30 Euro auch in den nächsten fünf Jahren das Bargeld die vorherrschende Zahlungsweise bleiben wird.

    Einheitliche Standards fehlen

    Der größeren Verbreitung von Mobile Payment steht in Deutschland entgegen, dass es keine einheitliche Lösung gibt. „Bisher ist das Bezahlen mit dem Smartphone im Store über nur wenige Mobile-Wallet-Anbieter möglich“, kritisierte Adyen-Manager Volker Steinle im März in einem Gastbeitrag für den Branchendienst mobilbranche.de. Adyen ist ein 2006 in Holland gegründeter Anbieter von Online-Zahlungssystemen. Als eines der Beispiele nannte Steinle Payback Pay. „Leider handelt es sich jedoch nicht um eine flächendeckende, einheitliche Bezahllösung, wie sie die großen Wallets wie Apple Pay oder Google Pay mitbringen.“ Für Steinle erschwert die starke Fragmentierung des Angebots den Durchbruch: „Wer möchte schließlich drei verschiedene Mobile Wallets auf seinem Smartphone installieren? Neue Bezahlwege etablieren sich lediglich, wenn sie für den Nutzer besser sind als alles zuvor, also einen echten Mehrwert bieten.“ Die größte Reichweite, so Steinle weiter, hätte bislang Payback Pay mit seinen acht Partnern, darunter Alnatura, Rewe, Real, Galeria Kaufhof und Thalia.

    Zurzeit sieht es so aus, als würde die Fragmentierung eher noch wachsen. Denn die App der Sparkassen und das neue Verfahren Girocard Mobile konkurrieren ebenso um die Kundengunst wie die neue App der Volks- und Raiffeisenbanken. Allerdings funktionieren diese Verfahren nur auf Android-Geräten, nicht auf Smartphones, weil Apple die erforderliche Schnittstelle nicht freigibt. Dafür bietet Apple dann lieber mit Apple Pay eine eigene Bezahllösung an.

    Mobile Payment im Aufwind

    Was fehlt, ist ein einheitlicher Standard in punkto Technik und Funktionalität. Eine von GS1 Germany im vergangenen Jahr durchgeführte Expertenumfrage identifizierte drei Faktoren für den Erfolg von Mobil-Bezahldiensten. Sicherheit und Datenschutz müssten gewährleistet sein, ebenso flächendeckende Akzeptanz und der kostenfreie Einsatz. Allerdings fehle es bislang an der Unterstützung durch Smartphone-Hersteller und Banken. Trotzdem schienen die befragten Händler und Dienstleister optimistisch, denn sie erwarteten, dass 2020 zwischen 10 und 25 Prozent ihrer Kunden gelegentlich mobil bezahlen würden.

    Der Befund passt zu den Ergebnissen einer Befragung der Deutschen Bank unter mehr als 1000 Schülern, Auszubildenden und Studenten. Danach sind bei den Jüngeren Lösungen für Mobile Payment und Mobile Banking durchaus populär. 64 Prozent der jungen Männer und 62 Prozent der Frauen nutzen bereits Mobile Banking. Zudem haben 71 Prozent der Befragten kein Problem damit, etwa an der Supermarktkasse über ihr Smartphone zu bezahlen. Entsprechend vereinheitlichte Standards vorausgesetzt, könnten sich also Mobil-Bezahldienste in absehbarer Zeit hierzulande ähnlich stark durchsetzen wie schon in anderen Ländern.

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