Ob die IHK, der Händlerbund, der Deutsche Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität (DSW) oder sogar der Heilpraktikerverband: Bundesweit warnen Berufs- und Wirtschaftsverbände vor Abmahnungen wegen der Verwendung von Google Fonts. Weil Online-Händler und Website-Betreiber die kostenlosen Zeichensätze des US-Konzerns oft dynamisch in ihre Webangebote eingebettet haben, sollen sie wegen Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) bis zu 500 Euro zahlen. Was steckt dahinter und wie können Sie sich vor Google-Fonts-Abmahnungen schützen?

Was sind Google Fonts?

Google Fonts ist ein kostenloses Schriftenpaket des Google-Mutterkonzerns Alphabet für das Internet. Das Web lebt von ansprechender Typografie und diese Schriftensammlung zeichnet sich durch gute Designs und eine hohe grafische Qualität aus. Die Webfonts bestehen aus gut 1.500 Schriftarten und Schriftfamilien, die Betreiber von Websites und Online-Shops gratis verwenden dürfen.

Das Google-Schriftverzeichnis bietet Webseitenbetreibern vielfältige Möglichkeiten zur ansprechenden Formatierung von Überschriften und Texten. Einen Überblick über die Schriften gibt die Google-Fonts-Homepage.

Wieso sind Google Fonts ein Datenschutzproblem?

Viele Websites und der Online-Handel arbeiten nicht mit lokal gespeicherten Google Fonts, sondern nutzen die Schriften des US-Konzerns zur Darstellung von Texten online. Der Browser des Besuchers lädt die Schriftarten beim ersten Aufruf einer Webseite von den Google-Servern herunter. Das Problem: Die Server befinden sich in den Vereinigten Staaten und stehen dadurch nicht im Einklang mit der in Europa geltenden Datenschutzgrundverordnung.

Google fällt beim Download der Schriften ohne entsprechende technische Vorkehrungen die IP-Adresse des Nutzers in die Hände. Der Seitenbetreiber wiederum wird zuvor in der Regel keine DSGVO-konforme Einwilligung einholen oder ein berechtigtes Interesse nachweisen können. Damit führt die Einbettung der Schriften über die Google-Server zu einem DSGVO-Verstoß, für den der Seitenbetreiber von jedermann abgemahnt werden kann. Eine solche juristische Auseinandersetzung kann schnell teuer werden und Ihnen eine Menge Arbeit machen.

Wie konkret ist das Risiko einer Google-Fonts-Abmahnung?

Dass es sich nicht um eine abstrakte Gefahr, sondern um ein konkretes juristisches Risiko für Selbstständige, Freiberufler und Unternehmen jeder Größe handelt, zeigt die Vielzahl an verschickten Abmahnungen wegen angeblicher DSGVO-Verstöße. Adressaten der Schreiben sind allesamt Website-Betreiber und Unternehmen im Bereich E-Commerce.

Los ging die Abmahnwelle im Juni/Juli 2022. Seit Oktober 2022 verschicken verschiedene Rechtsanwälte Abmahnungen, bei denen Geldbeträge gefordert werden. Die Abmahner verlangen gegenüber den Betreibern der Websites Unterlassung und machen Schadensersatz geltend.

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Google Fonts lokal oder online nutzen?

Ob Sie Schriften des Internet-Riesen lokal und damit statisch oder online und somit dynamisch verwenden, macht nicht nur technisch, sondern auch rechtlich einen Unterschied.

  • Google Fonts lokal: Als Seitenbetreiber können Sie die Schriftartenbibliothek herunterladen und lokal auf einem eigenen Server bereitstellen oder auf einen Server Ihrer Wahl hochladen. Der Browser des Nutzers lädt die für die Seitenanzeige benötigten Schriftarten dann von Ihrem eigenen Server. Eine Verbindung zu den Google-Servern wird bei der lokalen Installation nicht aufgebaut. Nach derzeitiger Rechtsauffassung nutzen Sie damit die Fonts DSGVO-konform.

  • Google Fonts online: Alternativ zur lokalen Installation können Sie die Schriften auch online einbinden. In diesem Fall hostet der Suchmaschinen-Riese die Schriften. Dann läuft die Schriftverwendung über die Server des US-Konzerns, die bei Bedarf von dort nachgeladen werden. Die Online-Nutzung ist zwar eleganter und bequemer, weil Sie stets Zugriff auf die neuesten Fonts haben, aber eben auch riskanter.

Sind Google Fonts DSGVO-konform?

Das Landgericht München I (LG) kam in einem Urteil von Januar 2022 zum Ergebnis, dass eine Webseite, die Googles freie Schriftenplattform online nutzt, damit gegen die Datenschutzgrundverordnung verstößt. Konkret bezieht sich das Urteil des Münchner Gerichts auf den Online-Gebrauch von Schriften des US-Konzerns.

Begründung: Bei dem Online-Einsatz von Google Fonts – also beim Herunterladen einer betroffenen Schriftart beim Surfen auf einer Webseite – werden unerlaubt personenbezogene Daten an Google in die USA weitergegeben. Das passiert, weil beim Aufruf der Website die dynamische IP-Adresse des Seitenbesuchers automatisch an einen Server des Tech-Konzerns übermittelt wird. Die IP-Adresse fällt nach dem Urteil der Richter vom LG München in den Schutzbereich der DSGVO und das Durchreichen der IP-Daten verstößt gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Besuchers.

Der im konkreten Fall beklagte Seitenbetreiber konnte dafür weder ein überwiegendes berechtigtes Interesse noch eine Einwilligung nachweisen. Der Website-Betreiber wurde zur Unterlassung verurteilt. Außerdem billigten die Richter dem Kläger einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 100 Euro zu.

Folgen des Urteils: Auf das Urteil des Landgerichts München beziehen sich die Abmahner beim Versand ihrer Forderungsschreiben. Es bildet damit die Basis für bundesweite Abmahnfälle.

Ist meine Website vom Google-Fonts-Problem betroffen?

Mit einem Google Fonts Checker oder Scanner finden Sie im Handumdrehen heraus, ob Ihr Online-Angebot die Schriftarten online (dynamisch) nutzt und Sie damit einem erhöhten Abmahnrisiko ausgesetzt sind. Den kostenlosen Selbsttest nehmen Sie im Browser vor. Seriöse Anbieter für einen Test sind:

Die automatischen Online-Prüfprogramme sind Indikatoren für formaljuristische Rechtsverstöße durch den Online-Gebrauch von Google Webfonts. Blindlings auf die Scanner verlassen sollten Sie sich allerdings nicht.

Wie sollten sich Webseitenbetreiber verhalten?

Einerlei, ob Sie bereits eine Abmahnung erhalten haben oder (noch) nicht: Überprüfen Sie Ihre Webseiten oder den Shop auf die dynamische Online-Nutzung der Schriften. Ändern Sie die Font-Zugriffe so, dass die Schriften nicht über externe Quellen bezogen werden. Stellen Sie dazu die dynamische Einbindung der Fonts auf eine statische lokale Nutzung um. Damit verhindern Sie, dass personenbezogene Daten ohne Erlaubnis an die zuständigen Server übermittelt werden.

Basiert Ihre Website auf WordPress, hilft Ihnen das WordPress-Plugin OMGF Pro, die Fonts des Suchmaschinen-Betreibers ab sofort mit einer lokalen Einbindung zu integrieren. Vielleicht bietet ja sogar Ihr WordPress-Theme von Haus aus eine lokale Font-Nutzung für Google oder Systemschriften an. Das ist etwa bei Avada, Astra oder Kadence der Fall. Ansonsten sehen Sie mit Googles Entwickler-Konsole nach, ob Schriften von den Google-Servern fonts.googleapis.com oder fonts.gstatic.com bezogen werden.

Abmahnung erhalten: So handeln Sie richtig

Haben Sie eine Abmahnung wegen der Online-Nutzung der Schriften erhalten, checken Sie schnellstmöglich Ihre Website und stellen Sie die Verwendung umgehend ab. Gegen die Abmahnung selbst können Sie sich in einem Schreiben an den Abmahnenden wehren – hierfür empfiehlt sich eine anwaltliche Vertretung. Schalten Sie außerdem Ihren Berufsverband ein. Möchten Sie sich selbst gegen die Abmahnung zur Wehr setzen, können Sie als Orientierung dafür das Musterschreiben der Kanzlei Wilde Beuger Solmecke verwenden.

Die IHK Köln empfiehlt, auch bei einer Abmahnung durch Rechtsanwälte keine voreilige Zahlung zu leisten. Mittlerweile hat das Landgericht Baden-Baden eine einstweilige Verfügung gegen einen bekannten Abmahner erlassen. Der Schutzverband DSW sieht für eine Zahlung derzeit keinen Anlass und hält es für vertretbar, nicht auf die Abmahnung zu reagieren. Das Risiko dafür liegt allerdings bei Ihnen.

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Was sagen Rechtsanwälte zu den Abmahnungen?

Unter Juristen wird das Urteil aus München und dessen Abmahnfolgen rege diskutiert und teilweise als überzogen kritisiert. „Es spricht bereits einiges dafür, dass die Anwaltsschreiben rechtsmissbräuchlich sind, da die angeblichen Betroffenen die Websites vorsätzlich angesteuert haben dürften“, erklärt Joerg Heidrich, Justiziar von Heise Medien.

Auch Stefan Ansgar Strewe, Fachanwalt für IT-Recht von der Kanzlei Esb Stuttgart, hat Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Massenabmahnungen: „Nach unserer Rechtsüberzeugung sind die sich auf die Google-Fonts-Problematik stützenden Abmahnungen häufig rechtsmissbräuchlich. Zudem bestehen begründete Zweifel, ob die für Unterlassungsansprüche erforderliche Wiederholungsgefahr gegeben ist“. Und auch Christian Solmecke von der Kanzlei Wilde Beuger Solmecke kommentiert die Abmahnsituation kritisch: „Sollte sich herausstellen, dass eine Privatperson oder eine Abmahnkanzlei systematisch Webseiten gesucht hat, um sich zu bereichern, könnte das zudem gegen das Gebot von Treu und Glauben verstoßen.“

Und was ist mit Google Maps?

Viele Gewerbetreibende und lokale Unternehmen haben den digitalen Kartedienst als externen Service für Wegbeschreibungen auf ihrer Website eingebunden. Die interaktiven grafischen Karten erleichtern es Kunden und Interessenten, den direkten Weg zu Geschäften vor Ort zu finden.

Das Problem: Google Maps nutzt die Schriftenbibliothek des Suchmaschinen-Giganten und lädt Schriften zur Kartenanzeige von Google-Servern nach. Sobald Sie den Kartendienst für Standortinfos und Wegbeschreibungen in Ihre Website integrieren, werden Google Fonts von einem externen Server nachgeladen und es besteht ein hohes Risiko, in die DSGVO-Falle zu tappen. Ein lokales Hosten des Kartenanbieters auf dem eigenen Server und damit ein lokales Ausliefern der betroffenen Schriften ist hier nicht vorgesehen

Google Fonts in YouTube & Co.?

Generell besteht bei allen auf Ihrer eigenen Website und in Online-Shops eingebetteten Inhalten (Embedded Content) von Drittseiten ein DSGVO-Risiko, weil diese die Schriftarten des Internetriesen nachladen könnten. Betroffen sind neben dem beliebtesten Kartenanbieter zum Beispiel auch YouTube-Videos, die Sie auf Ihrer Website über „Embed Code“ integrieren, statt per Link auf die Videoinhalte zu verweisen.

Handlungsempfehlung: So nutzerfreundlich und praktisch das unmittelbare Abspielen von YouTube-Clips auf Ihrer Seite sein kann – verzichten Sie aus Gründen der DSGVO-Rechtssicherheit möglichst auf das direkte Einbetten von Drittanbieter-Content. Verlinken Sie die betreffenden Inhalte stattdessen ganz klassisch und mit einem klaren Hinweis.

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