An Snapchat scheiden sich die Geister. Lange galt der Instant Messenger für Mobilgeräte als Hype für junge Hüpfer, doch in den vergangenen Monaten hat sich vieles geändert. „Snapchat wächst rasant“, vermeldete das Statistikportal Statista im Mai 2016. Bloomberg berichtete Anfang Juni 2016 von mittlerweile 150 Millionen täglichen Nutzern, womit es Twitter überholt hätte. Einen Monat später kam dann die Meldung, dass der Anteil der 16- bis 24-Jährigen unter 50 % gefallen ist und die User zwischen 25 und 44 nun die am stärksten wachsende Gruppe ist.
Marketing lebt davon, am Puls der Zeit zu sein. Es ist daher nicht überraschend, dass Unternehmen und Werber den Dienst mit dem Geist im Logo längst für sich entdeckt haben. Die Frage, warum (Ge-)Werbetreibende einen weiteren zusätzlichen Kanal bespielen sollten, ist allerdings berechtigt. Ressourcen vorausgesetzt, sprechen aber einige Gründe dafür. Viele Nutzer empfinden den Dienst persönlicher als die Konkurrenz, die Zielgruppe ist jung, die Aufmerksamkeitsspanne für die Nachrichten vergleichsweise hoch. Darüber hinaus bietet das grundlegende Konzept Vorteile: Dadurch, dass die Nachrichten maximal 24 Stunden abrufbar bleiben, eignet sich das Medium für kurzfristige Werbeaktionen, ohne wie in anderen Kanälen Gefahr zu laufen, dass Marketing-Maßnahmen, die danebengingen, auf ewig im Netz zu finden sind. Die Erfolgsmessung bei Snapchat ist ein Problem.
Snapchat öffnet sich allmählich für Drittanbieter
Genau da liegt allerdings für Unternehmen der Hase im Pfeffer. Von Werbung ohne Zahlen, Daten und Fakten zur Erfolgskontrolle sind sie nämlich alles andere als begeistert. Für Snapchat scheint nun der Moment gekommen zu sein, das Wachstum langsam auch in bare Münze umzuwandeln. Vor wenigen Wochen kündigte das Unternehmen unter anderem neue Werbeformen an. Künftig werden Anzeigen zwischen den Stories der Kontakte eingespielt – nicht in den Stories. Darüber hinaus wurde eine neue Schnittstelle geschaffen, mit der sich auch Drittparteien, sogenannte Snapchat-Partner, an der Erstellung, Messung und Verbreitung von Werbung beteiligen können.
Das ist nicht zuletzt deshalb bemerkenswert, weil Snapchat Drittanbieter-Apps und Plugins bisher nicht unterstützt und bei Zuwiderhandlung sogar Accounts gesperrt hat. Vor allem wohl auch zum eigenen Schutz: Wiederholt wurden Daten über solche nichtoffiziellen Zugangsprogramme abgegriffen. Unternehmen, die bisher in Handarbeit Daten erheben wollten, mussten daher einen großen Aufwand betreiben – schließlich sind die Informationen nur kurz verfügbar, bevor sie gelöscht werden.
Noch ist Analyse-Software rar – das wird sich bald ändern
Mittlerweile versuchen sich erste Dienstleister zu etablieren, die Analyse-Software für Snapchat anbieten. Einer davon ist Delmondo, das die tägliche Sammlung wichtiger Schlüsselkennzahlen automatisiert. Delmondo-Gründer Nick Cicero rät generell, dass Werbetreibende bei Snapchat weniger auf die Zahl der Follower als auf die Zahl der Nutzer, die ihre Stories anschauen, achten sollten. Die Software sammelt unter anderem Informationen zu der Zahl an unique viewers und impressions sowie der Rate, wie viele Nutzer eine Story geöffnet haben im Verhältnis zur Anzahl derer, die sie bis zum Schluss angeschaut haben.
Eine Alternative bietet Snaplytics, das sich im Gegensatz zur Agentur Delmondo allein auf Snapchat spezialisiert hat. Die Daten werden stündlich gesammelt und dem Nutzer in einem Dashboard grafisch aufbereitet dargestellt. Die Features lassen kaum zu wünschen übrig, der Preis allerdings ist mit monatlich mindestens 179 US$ doch recht happig. Delmondo hingegen verrät sein Preismodell gar nicht erst auf der Internetseite, sondern nur auf Anfrage.
Fazit: Fangen Sie an zu experimentieren!
Vieles deutet darauf hin, dass das kleine Gespenst Snapchat mehr als ein kurzlebiger Verwandter des Zeitgeists ist. Kleine Unternehmen und Mittelständler werden jedoch kaum Zeit, Geld und Lust haben, ein weiteres Social-Media-Fass aufzumachen, ohne die bereits laufenden Aktivitäten zu vernachlässigen. Da es noch keine wirklich praktikable und gleichzeitig günstige Analyse-Software gibt, dürfte auch das Argumentieren gegenüber dem Budgetverantwortlichen schwerfallen. Das alles sind jedoch keine Gründe, komplett auf Snapchat zu verzichten. Am besten ist es, den Messenger als das zu sehen, für das ihn die meisten seiner Nutzer lieben: als unkomplizierte Spielwiese zum Experimentieren. Setzt sich der Erfolg von Snapchat weiterhin so rasant fort, kann man dann bei einem späteren Ausbau der Marketing-Aktivitäten bereits auf umfangreiche eigene Erfahrungen zurückgreifen.
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Lieber Herr Schahinian
Prinzipiell lese ich aus diesem Beitrag 2 Dinge heraus:
1. Guck an wieviele Besucher Deine Message anschauen, UND
2. Experimentieren
Unsere Erfahrungen beim #DrKPI #SMaudit zeigen, dass Snapchat sich zur Zeit nur für grosse Brands lohnt.
Beispiel ist hier Mode.
Für B2B Unternehmen bringt Snapchat wenig bis gar nichts.
Aber auch im Konsumprodukte-Bereich ist Snapchat nicht für Marketing unbedingt geeignet. Primär wollen Nutzer mit anderen Nutzern kommunizieren (wie z.B. WhatsAplp).
Das heisst, ich muss also abklären ob meine Zielgruppe:
– a Snapchat nutzt, UND
– b mit uns auf Snapchat überhaupt kommunizieren will
Es macht deshalb oft mehr Sinn Facebook oder Twitter einfach noch effektiver zu nutzen, als sich auf eine neue Plattformen zu begeben deren ROI für unsere Marke nicht klar ersichtlich ist.
Freundlichst
Urs
#BrandBuzz
Hallo Herr Gattiker,
prinzipiell lese ich aus Ihrem Beitrag – vielen Dank dafür! – heraus, dass unsere Positionen gar nicht so weit auseinanderliegen. Für viele Unternehmen stellt sich zumindest zum jetzigen Zeitpunkt in der Tat die Frage, ob sie Ressourcen in eine weitere Plattform stecken wollen, deren Nutzen (noch) nicht ersichtlich ist. Ich halte prinzipiell auch mehr davon, wenige Dinge richtig anstatt viele Dinge falsch zu machen. Allerdings schadet Experimentieren und Erfahrungen sammeln nichts – und wenn es im Zweifelsfall die ist, dass sich Snapchat für das eigene Geschäft nicht sinnvoll einsetzen lässt. Ich traue Snapchat aber durchaus das Potenzial zu, sich hier schnell weiterzuentwickeln. Und abgesehen davon kann es auch abseits des klassischen Marketings gute Dienste leisten – beispielsweise bei einer innovativen Ansprache von potenziellen Bewerbern.
Beste Grüße
David Schahinian