Upload Filter

Die Würfel im Europaparlament sind gefallen. Und mit der Entscheidung der deutschen Bundesregierung vom 15. April ist daran auch nicht mehr zu rütteln. Die Wut vieler Netzaktivisten über die Reform der Urheberrechtsrichtlinie hält dennoch an, vor allem die Diskussion über Upload-Filter. Und obwohl das Thema medial eine gefühlte Ewigkeit durchgekaut wurde, ist vielfach immer noch unklar, was sich konkret im Netz ändert, wenn die Umsetzung der Richtlinie Gesetz geworden ist. Also, was ist zukünftig zu beachten beim Urheberrecht?

Unkomplizierter wird es jedenfalls nicht

Die EU hat ein eigenes Amt für geistiges Eigentum. Von dort kommt dankenswerterweise eine eigene FAQ-Seite zum Urheberrecht, die erste Klarheit schafft. Wenn Sie schwindelfrei sind, riskieren Sie dann noch einen Blick in die Tiefen der Materie: In einem Reader (als PDF 239 Seiten) hat die Bundeszentrale für politische Bildung die Grundlagen aufgefächert – und da ist die jetzige Reform noch gar nicht enthalten. Wenn Sie auch nur in irgendeiner Weise Online-Marketing betreiben, haben Sie gute Chancen, mit irgendeiner der unzähligen Bestimmungen zu kollidieren. Das konnte schon bisher teuer und kompliziert werden – Beispiel YouTube.

Statt um die zahllosen Details geht es im Folgenden darum, welche Änderungen vor allem der Artikel 13 der Urheberrechtsrichtlinie für Ihr Online-Marketing bringt. Um Verwirrung vorzubeugen: Die umstrittenen Regelungen des Artikels 13 sind inzwischen in den Artikel 17 geflossen. Am Rande ist auch noch Artikel 11 (jetzt 15) relevant: Der behandelt, vereinfacht erklärt, Schnipsel von Pressemeldungen, die „nicht kurz“ sind und die jetzt ebenfalls Schutzrechte genießen.

Mehr Pflichten für Plattformen

Im Kern geht es darum: Jede Internet-Seite, auf die Nutzer etwas hochladen können gilt im Prinzip als Plattform. Klassische Beispiele sind Facebook, Instagram, YouTube usw. Bekanntlich landen dort auch viele vom Urheberrecht geschützte Inhalte – ohne Erlaubnis der Urheber. Neu ist, dass dafür jetzt die Plattform haftet. Ein Beispiel: Sie betreiben einen Blog, in dem Leser Beiträge posten können, und jemand illustriert einen Kommentar mit einer Obelix-Abbildung, dann können Sie von den Rechteinhabern verklagt werden.

Sie wären als Plattform dafür verantwortlich, die Erlaubnis der Rechteinhaber einzuholen, beispielsweise durch eine Lizenzvereinbarung. Ausnahmen gibt es teilweise (!) für Plattformen, die unter drei Jahre alt sind oder unter 10 Millionen Euro Jahresumsatz mit weniger als 5 Millionen Kunden machen, außerdem, wenn Sie geschütztes Material für „Zitate, Kritik und Rezensionen“ oder Parodien verwenden.

Upload-Filter: Was ist das und für wen sind sie wichtig?

Upload-Filter sind ein rotes Tuch für Netzaktivisten und die über 5 Millionen Unterzeichner der Petition gegen die Reform – allerdings aus Gründen, die mit Online-Marketing in der Praxis kaum etwas zu tun haben dürften. Upload-Filter – die es übrigens, etwa bei YouTube, längst gibt – sollen vor allem die gigantischen Mengen hochgeladener Inhalte bei den großen Plattformen nach geschütztem Material automatisiert durchkämmen. Dass sie zukünftig verstärkt eingesetzt werden, ist lediglich eine praktische Folge der neuen Richtlinie. Erwähnt sind diese Filter dort gar nicht.

Es ist schwer vorstellbar, dass Website-Betreiber Bedarf dafür haben, solche Filter für massenweise Uploads ihrer Kunden oder Zielgruppen einzusetzen. Theoretisch denkbar wäre, auch die eigenen Uploads (z. B. Produktabbildungen, Bewertungen von Dritten etc.) filtern zu lassen. Allerdings sind die Filter in der Praxis weit davon entfernt, treffsicher zwischen erlaubter und unerlaubter Verwendung geschützter Werke zu unterscheiden. Abgesehen davon sind sie kostspielig. Auch wenn man nicht die Dimensionen der Entwicklungskosten für den hauseigenen Filter von Google – 100 Mio. Dollar – ansetzen muss: Ein System, wie es etwa die Videoplattform Vimeo verwendet, kostet immer noch ab 1000 US-Dollar monatlich. Und eine Kostensteigerung ist durchaus anzunehmen, wenn es darum geht, die komplizierten rechtlich relevanten Zusammenhänge einer „Werknutzung“ mit zu berücksichtigen.

Urheberrecht – Handlungsbedarf und Missverständnisse

Was für Sie selbst schon bisher als Seitenbetreiber galt, gilt jetzt eben auch, wenn Sie „Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten“ sind: Sie müssen vor dem Hochladen geschützter Inhalte „die Erlaubnis von (…) Rechteinhabern einholen, etwa durch den Abschluss einer Lizenzvereinbarung“. Wie Sie das machen, überlässt die Richtlinie Ihnen, und das ist nicht ohne. Selbst wenn Sie Lizenzen über Verwertungsgesellschaften erwerben wollen: In Deutschland existieren nicht weniger als zwölf davon, die die urheberrechtlichen Interessen unterschiedlicher Berufsgruppen vertreten.

Achtung, falls Nutzer tatsächlich bei Ihnen die Möglichkeit haben, eventuell geschütztes Material hochzuladen! Viele irreführende Artikel im Zusammenhang mit der Urheberrechtsnovelle haben den Eindruck erweckt, Nutzer könnten wegen der Haftung der Plattformen jetzt quasi hochladen, was sie wollten – was dazu führen könnte, dass sie das auch verstärkt tun. Problemlos ist das aber nur in dem unwahrscheinlichen Fall, dass Sie etwa ausgerechnet für diesen Obelix, den der Nutzer morgen postet, bereits die passende Lizenz erworben haben.

Es ist also ratsam, nicht nur in den AGB bzw. Nutzungsbedingungen für Ihre Plattform, sondern auch gut sichtbar auf der jeweiligen Landingpage einen Hinweis folgender Art anzubringen: Sie werden sich bei Nutzern, die das Urheberrecht verletzen, für Haftungsansprüche schadlos halten – zu gut Deutsch: Der Nutzer muss wissen, dass am Ende er selbst haftet.

Fazit: Prüfen Sie Ihre Inhalte und schützen Sie sich vor Abmahnungen!

Die Relevanz der neuen Urheberrechtsrichtlinie für Online-Marketing ist in manchen Fällen gegeben – und Anwaltskanzleien, die sich sozusagen wegelagerisch auf Abmahnjagd spezialisieren, könnten zusätzlich Auftrieb erhalten. Daher ist Sorgfalt im Umgang mit dem Urheberrecht vielleicht noch mehr als bisher ratsam – Upload-Filter hin oder her. Wer sich hier technisch und/oder juristisch überfordert fühlt, sollte von Agenturen Hilfe bei der Homepage-Erstellung oder professionellen Video-Erstellung in Anspruch nehmen.

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