Duzen oder Siezen?

Eine Umfrage von Appinio hat die Standpunkte in der Diskussion um die richtige Kundenansprache wieder so richtig festgezurrt, mit über 4500 Befragten zwischen 16 und 54 Jahren in Deutschland. Plakativ und einfach zu merken zum Beispiel: Auf Instagram wollen über 80 Prozent der Nutzer von Unternehmen lieber geduzt werden – egal wie alt sie sind. Aber auch egal wie „alt“ das Unternehmen ist? Also, so einfach geht das nicht, dass Sie nur darauf achten, wie alt Ihre Kundschaft ist, und dann duzen oder siezen Sie, je nachdem. Die Sache ist in Wirklichkeit einfacher und komplizierter zugleich.

Prozentzahlen sagen einiges – gute Verkäufer wissen es besser

Die nackten Ziffern von Appinio werden kaum einem Unternehmen zu dem einen Patentrezept auf die Frage „Duzen oder Siezen?“ verhelfen, falls diese Frage sich überhaupt so dringend stellt. Welches Unternehmen wirbt schon ausschließlich über Instagram? Denn da wäre es ja klar. Doch wie die Umfrage zeigt, ist das Meinungsbild nicht einmal quer durch die Social-Media-Kanäle einheitlich.

Duzen oder Siezen Umfrage Social-Media-Kanäle

Quelle: appinio

Weder ist hier die Tendenz innerhalb einer der vier Altersgruppen eindeutig, noch ist klar, welche Art von Unternehmen die Befragten jeweils im Hinterkopf gehabt hatten. Bei Facebook sind es gerade die Jüngsten, die immerhin zu einem Drittel nicht geduzt werden möchten, bei Twitter trifft das hingegen auf die Älteren zu.

Was Sie tun sollen, wenn Sie alle Generationen ansprechen, bleibt damit ebenso unklar wie die Lösung des Rätsels, warum die durchaus kaufkräftige und mit rund einem Viertel der Bevölkerung nicht ganz geringfügige Altersgruppe 55-plus erst gar nicht gefragt wurde. Noch einmal unübersichtlicher wird die Situation, wenn Sie sich vor Augen halten, dass dieselben Menschen auch noch eine Meinung dazu haben, wie Sie auf Websites und in einem Geschäft angesprochen werden wollen:

Duzen oder Siezen Umfrage Marken

Quelle: appinio

Duzen oder Siezen Umfrage Personal duzt

Quelle: appinio

Dass die Kundenansprache zur „Markenpersönlichkeit eines Unternehmens passen“ muss, und dass es sich hier um eine Gratwanderung handelt, merkt Appinio-Chef Jonathan Kurfess zum Schluss dankenswerterweise noch an – für alle, die es noch nicht wussten. Aber Häme wäre ungerecht. Immerhin haben Sie es nun schriftlich, dass Sie sich kein Bein ausreißen müssen, um herauszufinden, was „die Bevölkerung“ gerne hätte. Wecken Sie stattdessen jetzt das Gespür des erfahrenen Verkäufers in sich, denn die folgenden Überlegungen haben einiges mit dem Bauchgefühl zu tun.

Duzen oder Siezen: Welche Anrede sollten Sie nun verwenden?

Schon vor dieser Studie ist viel zum Thema „Duzen oder Siezen“ geschrieben worden. Und fast immer kam das Paradebeispiel IKEA auf den Tisch. Bei IKEA duzt man sich, solange man denken kann. Schriftlich. In der direkten Kundenansprache allerdings nicht – jedenfalls in Deutschland nicht. Hier kommt die (in diesem Fall demonstrativ schwedische) Markenpersönlichkeit ins Spiel. Aber auch die schiere Wucht eines sehr großen Unternehmens. Wenn ein Platzhirsch auf dem Markt wie IKEA über Jahrzehnte eine Sprachregelung mit dem Corporate Design verbindet, dann akzeptiert die Kundschaft sogar die vermeintliche Zwiespältigkeit zwischen schriftlicher und mündlicher Anrede.

Lernen kann man von IKEA aber ebenso, dass es das Unternehmen auch mit dieser Marktmacht noch für sinnvoll hält, seinen Kunden zumindest in einem Blogbeitrag zu erklären, wieso sie denn nun im persönlichen Kontakt gesiezt werden. – Eigentlich ist es nämlich in der Kundenkommunikation ein No-go, auch nur die geringste Verhaltensunsicherheit zu erzeugen. Oder wie würde es Ihnen gehen, wenn Sie, freudig motiviert von der duzenden Instagram-Seite, am Servicetelefon desselben Unternehmens munter losduzen und dann zurückgesiezt werden? Das ist sicher ein Extremfall, aber im kleinen Maßstab passieren solche Dinge täglich bei zahllosen Unternehmen.

Wie geht Kundenansprache, die sympathisch wirkt?

Wenn die Appinio-Umfrage eines zeigt, dann eine überwiegende Offenheit gegenüber dem Duzen. Der Anteil derjenigen, die das ausdrücklich unangebracht finden, liegt lediglich zwischen 7 und 19 Prozent; am höchsten noch bei den über 45-Jährigen. Beim Siezen zeigt eine andere Appinio-Studie, dass die ausdrückliche Abneigung gegen das Siezen noch geringer ist: Nur acht Prozent der Befragten wollen das Siezen am liebsten ganz abschaffen. Was lernen Sie daraus?

Sie können nur bei wenigen Menschen mit der „falschen“ Ansprache etwas gravierend verkehrt machen. Ein Teil der Aussagen deutet auch darauf hin, dass die Ansprache „zum Unternehmen passen“ muss. Und das heißt zum Ersten: Sie selbst sollten sich Ihren Kunden gegenüber sicher fühlen und auch wohlfühlen! Zwanghafte Ungezwungenheit irritiert nicht nur sprachlich, sondern in jeder Kommunikation. Dasselbe gilt für aufgesetzte Seriosität.

Der noch wichtigere Aspekt ist aber: Kundenansprache ist viel mehr als Duzen und Siezen. Dazu gehört ganz zentral der Sprachstil in Werbung, Website-Texten, Newslettern usw. Und der wiederum hängt damit zusammen, wie Sie überhaupt ihre Botschaften verpacken: Herzlich oder ironisch oder absolut vertrauenerweckend oder … Da müssen Sie wissen, wo Sie als Unternehmen hingehören – wer Sie sind. Sie können ja auch per Sie sehr locker und informell kommunizieren. Und das Ganze wird dann noch durch die oft unterschätzte Bildsprache ergänzt. Erinnern Sie sich nur einmal an die Benetton-Werbung der 1990er Jahre – extrem, ja, aber damit wird es überdeutlich: Duzen oder Siezen ist nun wirklich nicht die größte Herausforderung für das Marketing.

Fazit: Einerlei ob Du oder Sie – das gesamte Kundenerlebnis zählt!

Details der Kundenansprache gehören in jedem Fall zu den Dingen, die für das Profil Ihres Unternehmens etwas bedeuten. Und das sind zugleich auch Elemente der Customer Experience – das Kundenerlebnis, das neben der eigentlichen Produktqualität oder der Zufriedenheit mit einer Dienstleistung zunehmend wichtig wird. Also treffen Sie eine Entscheidung, aber lassen Sie sich von der Frage „Duzen oder Siezen?“ nicht von den großen Dingen Ihres Unternehmens abbringen.

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