Wenn – wie derzeit während der Coronapandemie – Besuche von Kulturveranstaltungen oder der Ausflug ins Kino nur mit Einschränkungen möglich sind, bekommen das heimische Smart-TV und die verschiedenen Möglichkeiten, Inhalte zu streamen, einen neuen Stellenwert.

Addressable TV (ATV), bei dem personalisierte Werbung an Fernsehzuschauer ausgespielt wird, erlaubt nun Werbetreibenden auch in der stark fragmentierten Fernsehlandschaft ihre Zielgruppen zu erreichen. Es verbindet die Reichweite des linearen Fernsehens mit der genaueren Zielgruppenansprache in der Online-Welt. Doch wie funktioniert Addressable TV und wo liegen seine Potenziale für Werbetreibende?

Addressable TV sorgt für neue Marketing-Kanäle

Lineares Fernsehen ist für Werbetreibende wegen seiner großen Reichweiten weiterhin attraktiv. Denn TV-Werbung erreicht jede Woche 80 Prozent aller in Europa lebenden Menschen. Aber diese Attraktivität hat gelitten. Aufzeichnungsgeräte und Replay-Funktionen erlauben schon länger das Überspringen von Werbeblöcken. Streamingdienste wie Netflix oder Amazon Prime nehmen den TV-Sendern große Marktanteile ab. Die schiere Vielfalt der Sender, die man über Kabel oder Satellit empfangen kann, tut ein übriges. Mehr und mehr Zuschauer machen sich ihr Programm selber und schauen, was und wann sie wollen.

Die Werbebranche hofft nun, dass Addressable TV hilft, diese Verluste wieder wettzumachen. Die Technologie nutzt den HbbTV-Standard und die Internet-Verbindung des Fernsehgerätes als Weg zum personalisierten Ausspielen von Werbung. Hier liegt die besondere Stärke von Addressable TV. Es eröffnet die Möglichkeit, zum Beispiel nach geografischer Lage, Uhrzeit, Geräteausstattung, Wetter oder demografischen Merkmalen Werbemaßnahmen gezielt anzupassen.

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Die Technik hinter Addressable TV

Die neue Art der Fernsehwerbung verdankt sich der wachsenden Verbreitung von Smart-TVs, die den HbbTV-Standard und das UHD-Format nutzen. HbbTV steht für „Hybrid broadcast broadband TV“, ein internationaler Standard, der entsprechend ausgerüstete TV-Geräte internetfähig macht. Nutzer können damit auf dem Fernsehgerät Webseiten öffnen und im normalen Programm zusätzliche Funktionen aktivieren. Technisch ist es sogar möglich, die normale TV-Ausstrahlung komplett zu überlagern. Dadurch sehen Zuschauer beispielsweise in Bremen einen anderen Werbespot als in Delmenhorst oder Bremerhaven. Viele Smart-TVs verfügen allerdings noch nicht über den zeitgemäßen HbbTV-2.0-Standard, sondern über die ältere Version HbbTV 1.5. Damit können in den Werbeinseln keine bildschirmfüllenden Videospots gezeigt werden.

UHD-Fernsehen und Smart-TVs auf dem Vormarsch

In den ersten drei Quartalen dieses Jahres wurden rund 4 Millionen Fernsehgeräte verkauft. Davon waren etwa 3,7 Millionen smarte TVs, mit denen die Nutzer via HbbTV und Internet auf Apps oder Mediatheken zugreifen können. Damit ist die Gesamtzahl dieser Geräte stark gewachsen. 2004 waren es nicht einmal eine Million. Inzwischen sind es 27,8 Millionen Endgeräte in deutschen Wohnstuben. Dazu gehören nicht nur smarte Fernseher, sondern beispielsweise auch Set-Top-Boxen.

Auch UHDTV (Ultra High Definition Television) hat zugelegt. Etwa 3 Millionen der verkauften Fernseher nutzen dieses Format und unterstützen mindestens ein Verfahren zur hochauflösenden Darstellung von TV-Bildern. Sie präsentieren Inhalte mit höherem Kontrastumfang und natürlicheren Farben in feineren Nuancen.

Personalisierte Angebote

Je mehr smarte Geräte in deutschen Haushalten stehen, desto größer ist das Potenzial von Addressable TV. Werbung via Addressable TV bedeutet, dass Banner oder Spots über das Fernsehbild gelegt werden. Doch nicht alle Zuschauer müssen die gleiche Werbung für ein bestimmtes Produkt sehen. Stattdessen werden individuell angepasste Spots gezeigt. Dabei lässt sich nach den folgenden Kriterien selektieren und ausspielen:

  • demografische Daten,

  • nationale/regionale Standortfaktoren,

  • zielgruppenspezifische Interessen,

  • Spot-Targeting,

  • Cookies,

  • Wochentag/Uhrzeit,

  • Re-Targeting (Special Interest, Erstkontakte).

Grundlage dafür sind die Daten, die ein smarter Fernseher über seine Nutzer sammelt und weitergibt, sobald das Gerät eine Internet-Verbindung aufbaut. Die Daten werden anonymisiert übermittelt, erlauben aber Rückschlüsse auf Standort, Präferenzen und Demografie.

Jedoch geschieht nichts ohne das Einverständnis der Nutzer. „Unsere Zuschauer müssen ihre Zustimmung zu den HbbTV-Nutzungsbedingungen erteilen, wenn Sie Zugriff auf Mediatheken und weitere Inhalte haben möchten“, erklärte ein Sprecher des ProSiebenSat.1-Vermarkters Seven.One Media gegenüber der taz. Der Anbieter installiert dann eine Art Cookie, das verfolgt, welche TV-Sendungen der Nutzer ansieht.

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Hohes Potenzial für Werbetreibende

Werben im herkömmlichen Fernsehen ist mit hohen Streuverlusten verbunden. Werbetreibende wissen, dass sie zwar ein riesiges Publikum erreichen, sich aber nicht sicher sein können, auch wirklich die zu erreichen, die sich für ihr Produkt interessieren. Nur mithilfe von Marktforschern lässt sich feststellen, ob die TV-Spots wirklich zu steigenden Besucherzahlen im Geschäft oder wachsenden Online-Verkäufen führen.

Im digitalen Marketing ist das anders. Hier haben Vermarkter die Möglichkeit, umfangreiche Datenbestände zu sammeln und auszuwerten, wer ihre optimalen Zielgruppen sind oder wer am häufigsten reagiert. Intelligente Geräte und Streamingdienste bringen nun beides zusammen. Auch hier können Vermarkter Daten wie Seitenaufrufe, Klicks, Freigaben oder Suchvorgänge nutzen.

Gesammelt werden diese Daten auf einer Identitätskarte oder einem Identitätsgraphen des Nutzers. Das ist eine Datenbank, in der sämtliche Gerätekennungen eines Nutzers hinterlegt und verknüpft sind. Hinzu kommen andere Daten, die legal gesammelt werden dürfen. Das sind beispielsweise die E-Mail-Adresse, die IP-Adresse, Web-Cookies oder Telefonnummern.

Was Addressable TV als Marketing-Tool leistet

Durch diese Identitätsdaten wird Fernsehen gewissermaßen „adressierbar“. So können Sie sehen, ob ein Werbespot auf einem Gerät den Nutzer etwa zu einem Online-Kauf angeregt hat. Für Vermarkter bietet Addressable TV somit die Möglichkeit, eine Customer Journey vom ersten Kontakt bis zum Kauf (oder Kaufabbruch) nachzuvollziehen. Sie können analysieren, welche Anzeigen auf welchen Kanälen am erfolgreichsten sind und mit diesen Informationen ihre Kampagne nachjustieren.

Auf der Grundlage dieser Daten lassen sich

  • Absichten und Interessen des Zielpublikums einschätzen;

  • die Zielgruppen aufgrund des gezeigten Verhaltens segmentieren und die TV-Werbung daran ausrichten;

  • Nutzer über mehrere Endgeräte erreichen (Smart TV, Desktop-PC, mobile Endgeräte).

Durch Addressable TV sind die Nutzer aufgrund realer Signale ansprechbar. Werbetreibende können auf Verhaltenssignale in Echtzeit reagieren und Interessierte in jeder Phase der Customer Journey ansprechen. Wichtig ist dabei, eindrucksvolle und glaubwürdige Geschichten zu erzählen, die auf allen Kommunikationskanälen funktionieren. Die Targeting-Strategie sollte zeitnah an der Leistung der Kampagne ausgerichtet werden. Addressable TV erlaubt es, Kampagnen nach Auswertung von Nutzerreaktionen zeitnah, sogar täglich anzupassen.

Was kostet Addressable TV?

Audiovisuelle Medien sind in der Produktion immer teuer. Das sorgt dafür, dass klassische Rundfunk- oder Fernsehwerbung meist das Budget kleiner und mittlerer Unternehmen sprengt. Für KMU mit starkem regionalem oder lokalem Bezug lohnen sich nur Radio- oder TV-Spots, die in ihrem Einzugsbereich ausgestrahlt werden und so auch die mögliche Kundschaft erreichen. Allerdings sind die Platzierungsmöglichkeiten dann auch auf diesen Einzugsbereich beschränkt.

Die Preise für traditionelle Werbespots variieren stark. Je nach Länge des Spots, der Art des Senders, dem Sendeplatz und der Anzahl der Ausstrahlungen können stattliche Summen anfallen. Zum Beispiel kosten 7 Spots zu je 20 Sekunden im öffentlichen-rechtlichen TV durchschnittlich 70.000 Euro.

Werbung im Addressable TV ist auch für KMU bezahlbar

Herkömmliche TV-Spots werden meist nach Sekunden abgerechnet. Im öffentlich-rechtlichen Bereich sind kaum Plätze unter 100 Euro pro Sekunde zu haben. Wenn Sie zur Hauptsendezeit einen 20-Sekunden-Spot bei den großen Sendern platzieren möchten, sind 70.000 Euro noch recht preiswert. In den endgültigen Preis gehen auch Einschaltquoten und Sendeplätze ein. In direkter Nähe zur Tagesschau wird die ARD gut und gerne das Fünffache aufrufen. Am teuersten sind die „best seconds“ vor den Nachrichtensendungen um 15 und um 16 Uhr sowie die „best minutes“ vor der 20-Uhr-Tagesschau von Montag bis Samstag. Zudem kosten Werbespots in den kalten Monaten des Jahres mehr als in der warmen Jahreszeit.

Legt man den sogenannten Tausender-Kontakt-Preis (TKP) zugrunde, schneidet Addressable TV durchaus besser ab. Der TKP gibt an, wieviel Geld eingesetzt werden muss, um 1.000 Personen zu erreichen. Im linearen Fernsehen beginnt das bei netto 20 bis 50 Euro, mit Aufschlägen 100 bis 200 Euro. Im Addressable TV liegt der TKP ohne Aufschläge für Geotargeting oder Wunschplatzierungen bei etwa 60 Euro.

Werbetreibende müssen allerdings auch die Produktionskosten für einen TV-Spot berücksichtigen. Auch ein 20-Sekunden-Spot braucht ein Drehbuch, einen Regisseur samt Aufnahmeteam, Postproduktion und Schauspieler. Da können schnell mittlere fünfstellige Beträge zusammenkommen. Grafisch gestaltete Spots sind ab 4.000 Euro realisierbar. Nutzt man Stock Footage, also professionell gedrehte Videosequenzen zur Weiterverarbeitung, würde ein Videospot Kosten ab 10.000 Euro erfordern, mit einer professionellen Crew und Schauspielern dann allerdings schon das Doppelte.

Für erfolgreiche Werbung im Addressable TV braucht man aber nicht notwendigerweise aufwendig hergestellte TV-Spots. Sogenannte Switch-ins von 10 Sekunden Dauer legen sich über das Fernsehbild oder umrahmen es an zwei Seiten. Das Bild selbst wird dabei verkleinert, sodass die eigentliche Sendung nicht unterbrochen wird. Diese Switch-ins sind in ihrer einfachsten Form schlichte TV-Banner.

Wer bereits auf Addressable TV setzt

Im DACH-Raum hat sich Addressable TV längst etabliert. So haben ProSiebenSat.1 und RTL Deutschland sowie weitere Partner mit d-force ein Joint Venture gegründet, um über eine gemeinsame Buchungsplattform ATV-Werbeplätze zu vermarkten. Nach eigenen Angaben hat d-force im vergangenen Jahr seinen Umsatz im Addressable TV um 161 Prozent gesteigert und über 240 Kampagnen ausgespielt. Die Spots laufen dann in den Fernsehprogrammen der beiden Medienhäuser.

In Österreich hat der Reichweitenvermarkter IP Österreich im Juli dieses Jahres eine Addressable-TV-Festplatzierung im linearen Fernsehen präsentiert. Switch-ins umrahmen das eigentliche TV-Bild und werden beim erstmaligen Umschalten kurz gezeigt. Erster Kunde für dieses neue Format war Audible, ein bekannter Produzent und Anbieter von Hörbüchern und Podcasts.

Fazit

Addressable TV bietet kleinen und mittleren Unternehmen die Möglichkeit, lokal und zu bezahlbaren Preisen im Fernsehen zu werben. Im Gegensatz zur klassischen Fernsehwerbung halten sich die Streuverluste in Grenzen, da die Werbung genau adressiert werden kann. Zudem werden die Banner im Programmumfeld gezeigt und gehen nicht im allgemeinen Werbeblock unter. Der Erfolg der Kampagnen lässt sich anhand der Anzahl der Sichtkontakte genau auswerten.

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