
Wenn es nur Englisch ist, was ja jeder kann (?), und wenn es nur ein Beitrag in einem Branchenblog aus den USA ist – an irgendwelchen Begriffen scheitert dann doch oft das Wissen aus dem Business English Workshop. Und weil das peinlich ist, verzichtet man dann lieber auf die Verwertung des Textes. Für eine professionelle Übersetzung fehlen meist die Zeit oder die Kosten. Maschinell übersetzen – das war bisher höchstens etwas für die Speisekarte im Urlaub. Was bei Google Translate herauskommt, hat man ja an den Spam-Mails mit der Millionenerbschaft des ermordeten Ministers aus Nigeria gesehen, oder?
Künstliche Intelligenz fast auf Augenhöhe mit menschlichen Übersetzern
Google Translate befindet sich in der ganz normalen App-Palette von Google unter dem Namen „Übersetzer“. Auf Smartphones liegt der Charme der Anwendung vor allem in den beiden Möglichkeiten, abfotografierten Text wie Schilder oder Inschriften zu übersetzen sowie gesprochene Konversationen zu dolmetschen. Auf Desktops ist das Tool auf der Google-Startseite in dem kleinen Würfel in der Menüleiste zu finden. Dort eröffnen sich dann die Optionen der Sofortübersetzung zwischen verschiedenen Sprachen von Afrikaans bis Zulu (inkl. automatischer Spracherkennung), es gibt aber auch speziell für Unternehmen das Translator Toolkit und die Website-Übersetzung (s. u.).
Die Qualität der Übersetzung hat Google seit Ende 2016 durch künstliche Intelligenz (KI) erheblich verbessert. Professionelle Übersetzer, die schon seit sehr vielen Jahren Kassandrarufe über das Ende ihrer Jobs hören müssen, beginnen inzwischen ihre Haltung zu den digitalen Kollegen nachzujustieren: Ihr Hohn über lächerlich holprige oder verfehlte Übersetzungen verstummt. Zumindest nutzen sie die maschinelle Übersetzung zur massiven Effizienzsteigerung, d. h. die Drecksarbeit der Rohübersetzung bekommt der Computer, die Poesie tragen (noch) die Menschen bei.
Google Translate im Test zwischen Shakespeare und User Support
Wie viel der Google-Übersetzer kann, ist für jeden, der eine der angebotenen Sprachen beherrscht, leicht und kostenlos zu überprüfen. Der eingegebene Text (bis 5000 Zeichen in der Sofortübersetzung) ist in Sekundenschnelle da. Und, wenig überraschend, je höher die literarische Komplexität des Ausgangstextes, desto problematischer die Übersetzung. Wer Shakespeare eingibt, bekommt nicht Schlegel/Tieck geliefert. Hamlet beispielsweise radebrecht etwas: „Zu sein oder nicht zu sein – das ist die Frage: Ob es edler im Kopf ist zu leiden. Die Schleudern und Pfeile des unerhörten Vermögens. Oder Waffen gegen ein Meer von Schwierigkeiten zu nehmen. Und indem wir uns ihnen entgegenstellen.“
Seine eigenen Botschaften bringt Google aber schon in tadellosem Deutsch, wenn auch mit einem Vokabel-Fehlgriff: „Read the latest news and updates about Google Translate, our tool that allows you to speak, scan, snap, type, or draw to translate in over 100 languages“ wird zu: „Lesen Sie die neuesten Nachrichten und Updates zu Google Übersetzer, unserem Tool, mit dem Sie sprechen, scannen, einrasten, tippen oder zeichnen können, um es in über 100 Sprachen zu übersetzen.“ Einrasten? In diesem Zusammenhang wohl eher ausrasten, jemanden anschnauzen.
Für die Verwendung im Unternehmen heißt das: Zum Eigengebrauch, zum Beispiel um eine E-Mail rasch auf Deutsch verfügbar zu machen, eignet sich Google Translate in den meisten Fällen. Wenn es hingegen auf rechtliche Genauigkeit ankommt oder eine werbliche Botschaft in einer fremden Sprache wirkungsvoll ankommen soll, in solchen und ähnlichen Fällen sind mindestens gute Sprachkenntnisse zur Nachkontrolle erforderlich. Doch das Tool reduziert jedenfalls den Übersetzungsaufwand erheblich. Wo ein Do-it-yourself auch dann noch zu unsicher erscheint, hilft das „Toolkit“ weiter.


