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Was ist Gamification?

Der Begriff „Gamification“ ist ein Import aus dem Englischen; in Deutschland gebräuchlich ist auch das Wort „Gamifizierung“. Hinter Gamification als Marketingstrategie steht die Erkenntnis, dass sich Menschen länger und ausdauernder mit etwas beschäftigen, wenn es ihnen Spaß macht und sie fordert. Alle Online- und Offline-Spiele basieren darauf und ziehen ihre Attraktivität auch aus unserer angeborenen Spielfreude. Die wiederum hilft uns dabei, neue Fertigkeiten und neues Wissen zu erwerben. Für Marketer ist das interessant, weil sie ja die Aufmerksamkeit von potenziellen und dann ganz realen Kunden binden wollen und sich mit ihrem Angebot positiv abheben müssen.

Wie funktioniert Gamification?

Gamification überträgt spielerische Elemente in die Marketingstrategie, in die Kundenakquise oder auch in die betriebliche Weiterbildung. Das können die klassischen Treuepunkte sein, Rätsel, Minispiele oder Wettbewerbe. Am häufigsten finden sich diese Elemente in den elektronischen und sozialen Medien, also auf Webseiten, in Online-Shops oder in Apps.

In der Kundenakquise können Sie durch interaktive Spiele Kunden dazu motivieren, Leads zu hinterlassen und sich näher mit den angebotenen Produkten zu beschäftigen. Das kann sich positiv auf die Zahl derer auswirken, die vom Interessenten und Webseiten-Besucher zum echten Kunden werden. Inhalte in der betrieblichen Weiterbildung lassen sich durch spielerische Aneignung leichter vermitteln. Auch das Interesse potenzieller Mitarbeiter lässt sich per Gamification Marketing wecken.

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Was die Gamification antreibt

Verhaltensforscher und Psychologen unterscheiden zwischen extrinsischer und intrinsischer Motivation. Extrinsische Motivation funktioniert über Anreize, die von außen kommen – etwa Belohnungen, Auszeichnungen durch Punkte, Gehälter, aber auch Verhaltensregeln oder disziplinarische Vorgaben wie beim Militär. Werden Menschen extrinsisch motiviert, handeln sie als Reaktion auf äußere Reize, um sich eine Belohnung zu verdienen. Intrinsische Motivationen kommen aus uns selbst. Wir lösen Aufgaben, weil es uns Spaß macht, weil wir vielleicht Herausforderungen lieben oder einfach aus Interesse an der Sache. Konventionelle Lern- und Arbeitsstrukturen setzen zumeist auf extrinsische Motivation; die intrinsische Motivation ist eher eine Art Bonus. Gamification versucht nun, eben diese stärker anzusprechen.

Einer der Haupttreiber der Gamification oder Gamifizierung ist der demografische Wandel. Die jüngeren Altersgruppen, die zurzeit in den Beruf starten, sind stark von Online-Spielen geprägt. Oft haben die Angehörigen der Generationen X, Y und Z mehr Zeit mit „World of Warcraft“, „Halo“ oder anderen Spielen verbracht als mit klassischen Offline-Hobbys. Viele sind durch das Spielen eine ständige Stimulation ihrer Wahrnehmung gewohnt und reagieren positiv darauf, über Gamification angesprochen zu werden.

Wie Gamification Marketing Ihrem Unternehmen nützt

  • Marketing: Entsprechende Apps und Gaming-Elemente auf Ihrer Website, helfen Ihnen, neue Kunden zu gewinnen.

  • Vertrieb: Sie können die Abschlussquote durch Auszeichnungen und Rankings verbessern.

  • Wissensmanagement: Wissenslücken Ihrer Mitarbeiter lassen sich spielerisch auffinden und schließen.

  • Lernen: Mit Gamification lässt sich eine positive Lernkultur im Unternehmen aufbauen.

  • Fortbildung: Sie können Weiterbildungsprozesse und Trainingsprogramme interessant gestalten.

  • Recruiting: Bei der Suche nach qualifizierten Arbeitskräften können Sie eine effektivere Vorauswahl treffen oder einzelne Bewerber testen.

  • Onboarding: Neue Mitarbeiter lernen spielerisch Ihre Aufgaben in der Firma kennen.

  • Corporate Identity: Die Identifikation der Mitarbeiter mit Ihrer Marke wird gestärkt.

  • Implementierung: Mitarbeiter werden schnell mit neuer Software, neuer Technik oder neuen Arbeitsverfahren vertraut

Sie können durch Gamification die Ergebnisse Ihrer Mitarbeiter verbessern, indem Sie an deren Wettbewerbsgeist appellieren. Einzelne Teams können darum konkurrieren, sich Produktkenntnisse zu erarbeiten, ihre Ergebnisse in der Akquise oder in der Kundenbetreuung zu verbessern. Sie können auch den Informationsfluss zwischen einzelnen Teams und Abteilungen prämieren. Ein gebräuchliches Mittel dazu sind Ranglisten innerhalb von Teams, Abteilungen, einzelnen Geschäftsstellen oder für das gesamte Übernehmen. Allerdings machen Ranglisten alleine noch keine erfolgreiche Gamification-Strategie.

Strategien und Mechanismen von Gamification

Gamification funktioniert allerdings erst dann, wenn sie erfolgreich den spielerischen Aspekt einer Tätigkeit mit dem gesetzten Ziel verbindet. Wenn Sie also etwa den Wettbewerbsgeist Ihrer Mitarbeiter wecken wollen, muss der Wettbewerb auch Spaß machen. Bei Gamification Marketing greifen Sie deshalb auf typische spielerische Elemente und Mechanismen zurück:

  • Ziele: Wer die Ziele erreicht, erhält eine Belohnung, beispielsweise Bonus-Punkte.

  • Status: Wer eine Aktivität erfolgreich abschließt, erreicht im Spiel einen höheren Status oder ein höheres Level.

  • Teamwork: Um Aufgaben zu lösen, werden Nutzer Teams zugeteilt.

  • Dazulernen: Nutzer bekommen während des Lernprozesses Tipps und Tricks vermittelt; ein anderes Mittel sind Quizfragen an die Teilnehmer des Lernspiels.

  • Belohnungen: Das ist ein breites Spektrum. Belohnungen können Treuepunkte sein, Rabatte oder die bekannten Bonusmeilen und Vielflieger-Programme, die die meisten Fluggesellschaften anbieten. Sie können Mitarbeiter digital oder materiell auszeichnen, wenn sie 100 E-Mails ohne Regelverstoß verschickt oder sich erfolgreich mit neuer Software oder neuen Richtlinien vertraut gemacht haben.

Gamification-Strategien erreichen jedoch nur Ziele, die Ihre Mitarbeiter selbst als sinnvoll und positiv empfinden. Vor allem müssen Ihre Mitarbeiter auch einen konkreten Nutzwert für sich selbst sehen können. Deshalb müssen Sie ihnen also beispielsweise die Einführung eines Lernspiels zum Einarbeiten in eine neue Software oder ein Wettbewerbs- und Prämiensystem, das das Zusammenwirken im Betrieb verbessern soll, gut und nachvollziehbar erklären sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen beachten (siehe unten).

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Zudem erfordert Gamification auch gutes Game-Design. „Gutes Game-Design macht Spass“, schrieb André Naef, Chief Technology Officer von Dacadoo, in der Netzwoche. Das Schweizer IT-Unternehmen liefert digitale Lösungen für die Gesundheitsförderung. „Die Spielkonzepte sind selbsterklärend“, so Neaf weiter. „Der Nutzer wird von einem Mikroerfolg zum nächsten geführt und erklimmt so im Laufe der Zeit auch grössere Meilensteine, die zu Beginn unerreichbar wirkten. Als Spieler ist er dabei weder unter- noch überfordert und er kann interessante Entscheidungen treffen, die den Spielverlauf beeinflussen. Qualitativ gute Gamification ist anspruchsvolles Design und eine Arbeit für Fachleute.“

Sinnvolle Rahmenbedingungen für Gamification

Bevor Sie Gamification Marketing in Ihrem Unternehmen nutzen, sollten Sie festlegen, welche Ziele Sie damit erreichen wollen. Wenn sich das damit verbundene Projekt an Kunden richtet, sollten Sie die Wünsche und Eigenheiten Ihrer Kunden vorher gut kennen. Außerdem müssen Sie festlegen, welches Kundenverhalten Sie fördern wollen. Sollen die Kunden mehr Produkte kaufen? Wollen Sie andere Einkaufskanäle bekannt machen? Ähnliches gilt für unternehmensintern angewandte Gamification-Strategien. In jedem Fall müssen Sie sich fragen, was für die Adressaten relevante Anreize sind und wie Sie diese Anreize am besten setzen können.

Wichtig ist dabei ein niedrigschwelliger Zugang. Die Regeln des Spiels müssen leicht zu verstehen und zu lernen sein. Das Spiel darf seine Nutzer ruhig fordern, aber es sollte sie nicht frustrieren. Dazu gehört eine störungsfreie Nutzererfahrung, also kurze Ladezeiten, keine Verzögerungen durch überlastete Verbindungen oder Irritation durch überfrachtete Bedienmenüs. Nicht nur Kunden finden es irritierend, wenn das Spiel, an dem sie teilnehmen, ihren Desktop-PC oder ihr Tablet lahmlegt.

7 Beispiele für erfolgreiches Gamification Marketing

  • Starbucks zeigt, wie Gamification im Einzelhandel funktionieren kann. Gäste, die die Reward-App nutzen, sammeln mit jedem gekauften Becher Kaffee Sterne, die allerdings nicht so aussehen. Weil wir bei Starbucks sind, sehen diese Sterne aus wie Kaffeetassen, die mit lustigen Inhalten ausgefüllt werden. Neben Sternen und einer Statusanzeige kann man auf der App auch an Menu Challenges teilnehmen, um weitere Bonus-Sterne zu sammeln. Starbucks erreicht so eine höhere Bereitschaft seiner Kunden, in einer der vielen Filialen einen oder ein paar mehr Becher Kaffee zu trinken.

  • TripAdvisor belohnt systematisch die Bewertungen seiner Nutzer. So ermutigt die Plattform das Verfassen von User-generated Content. Die Plattform verleiht ab dem ersten Beitrag „Badges“, verzögert aber das Sammeln von Auszeichnungen, wenn die einzelnen Nutzer begonnen haben, regelmäßig Beiträge und Bewertungen zu veröffentlichen. Die Herausforderung für die Nutzer, im Belohnungssystem der Seite voranzukommen, soll steigen und das Spiel für sie auf diese Art spannend bleiben.

  • Die Runtastic-App zeigt, wie ein Sportartikelhersteller Gamification, Zusatznutzen für die Anwender und eine starke Markenbindung verbinden konnte. Die App selbst stammt ursprünglich nicht aus dem Hause Adidas. Das Unternehmen kaufte sie 2015. Die Fitness-App hilft dem Nutzer dabei, seine Trainingsfortschritte zu verfolgen. Sie speichert Daten wie Geschwindigkeit, zurückgelegte Entfernung, Route und verbrauchte Kalorien. Wer angemeldet ist, sammelt beim Laufen Punkte und kann weitere Punkte ergattern, indem er sich an Challenges in der Runtastic-Community beteiligt.

  • Spielend Sprachen lernen – das bietet die App von Duolingo. Wer sie nutzt, kann seine Lieblingssprache lernen, ohne Regeln pauken oder lange Vokabellisten auswendig lernen zu müssen. Die Entwickler von Duolingo setzten stattdessen auf spielerisches Lernen durch Rätsel und Memory-Games. Lernfortschritte belohnt die App durch Gaming-Elemente. Die Nutzer bekommen Kronen, Tages-Durchbrüche und Leben. Je nachdem, wie viele Kronen oder Tages-Durchbrüche sie erreicht haben, schaltet die App neue Inhalte für sie frei.

  • Coty Luxury Experts setzt bei der Weiterbildung auf Gamification. Der Kosmetikkonzern gestaltet für jedes neue Produkt spielerisch aufbereitete digitale Lerninhalte. Abgefragt werden die Lernfortschritte dann über Quiz, Rätsel und in Form von Gewinnspielen. Für erfolgreich bewältigte Aufgaben werden Punkte vergeben, hinzu kommt beispielsweise ein digitaler Adventskalender, der die Mitarbeiter mit kleinen Geschenken belohnt.

  • Das Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen PricewaterhouseCoopers (PwC) entwickelte für die Nachwuchswerbung ein Recruiting-Game. Als Multipoly-Spieler konnten sich Interessierte einem virtuellen Assessment Center stellen. Das funktionierte ähnlich wie reguläre Online-Games. Die Teilnehmer wurden in einem simulierten Büro als Praktikanten mit Aufgaben betraut, mussten sich in Interviews bewähren und an Schulungen teilnehmen. Hinzu kamen weitere Aufgaben wie das Führen von Verhandlungen. PwC konnte so eine Vorauswahl unter den Bewerbern treffen, die dann zu realen Gesprächen eingeladen wurden. Die Multipoly-Website ist nach wie vor online.

  • Die US-Luft- und Raumfahrtbehörde NASA nutzt Gamification-Strategien, um ihre Mitarbeiter für Mobbing und Belästigung zu sensibilisieren. Die Nutzer nehmen dabei an einem 3D-VR-Spiel teil und bewegen sich in virtuellen Räumen, in denen sie nicht nur die problematischen Szenarien kennenlernen, sondern auch regelkonformes Verhalten einüben können. Die NASA will so ihren Mitarbeitern nicht nur Problembewusstsein vermitteln, sondern ihnen auch die internen Richtlinien für diese Thematiken vermitteln.

Chancen und Risiken von Gamification

Dass man mit Gamification durchaus in Grenzbereiche geraten kann, zeigt das Beispiel Amazon. Bereits vor Jahren führte das Unternehmen in einigen US-Standorten Wettbewerbsspiele ein, um die Arbeitseffizienz der einzelnen Mitarbeiter, aber auch ganzer Teams zu erhöhen. Die Mitarbeiter traten gegeneinander an, indem sie durch ihre Arbeit virtuelle Rennwagen oder Drachen steuerten. Oder sie bauten aus Versandpaketen Schlösser und andere Gebäude. Fortschritte wurden auf Bildschirmen angezeigt; die Belohnung bestand in digitaler Währung, für die dann virtuelle Haustiere und Ähnliches erworben werden konnte. Man fragt sich, ob Amazon nicht durch simple Lohnerhöhungen mehr erreicht hätte.

Unbedingt zu beachten ist der rechtliche Rahmen. Der Einsatz von Gamification in Form von Bonuspunkten und Ranglisten zur Bewertung des Arbeitserfolgs ist mitbestimmungspflichtig. Wenn Ihr Unternehmen einen Betriebsrat hat, hat der dabei ein gewichtiges Wort mitzureden. Hinzu kommt, dass die dafür nötige Sammlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten der DGSVO und anderen Regularien unterliegt.

Fazit: Stellen Sie Ihr Spiel auf die Probe!

Sinnvoll sind frühzeitige Anwender-Tests, idealerweise bereits in der Konzeptionsphase. So erkennen Sie frühzeitig, ob Ihr Konzept wirklich tragfähig ist oder noch Verbesserungen benötigt. Um schließlich den Erfolg oder Misserfolg einer Aktion beurteilen zu können, brauchen Sie Daten. Nur mit harten Daten können Sie feststellen, ob ihre Weiterbildungsmaßnahme, Ihre Marketing-Aktion oder Ihr Recruitment-Spiel tatsächlich erfolgreich waren. Es ist also wichtig, den Weg der User durch das Spiel zu verfolgen. Wenn es Kunden in einem Webshop sind, müssen Sie deren Customer Journey bis zur positiven oder negativen Kaufentscheidung verfolgen. Falls sich der gewünschte Erfolg nicht einstellt, sollten Sie überlegen, ob nicht die Anreize im Spiel falsch gesetzt waren.

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