YouTube Marketing

Screenshot, Quelle: YouTube.com

Der Supergeil-Spot mit dem Künstler Friedrich Liechtenstein dauert gut drei Minuten. Das würde zur Primetime bei der ARD fast eine halbe Million kosten – bei YouTube steht der Videoclip seit Februar 2014 gratis. Prominente Leitmedien wie Spiegel, Süddeutsche, Welt, n-tv, ZEIT und Hunderte anderer Websites verlinken dorthin.

Ein Paradebeispiel für virales Marketing: Werbung, die sich von selbst verbreitet. Eben wie ein Virus. Zum Vorteil der beteiligten Unternehmen? – Die durchaus skeptische Frage verbreitet sich seit diesem PR-Scoop ebenfalls wie ein Lauffeuer. Die FAZ etwa schätzte den Werbewert des Spots bereits einen Monat nach Erscheinen auf einen „zweistelligen Millionenbetrag“ (bei Produktionskosten im niedrigen sechsstelligen Bereich). Kein Wunder, nutzen doch 11 % der Deutschen YouTube mehrmals am Tag.

Ansteckend und schwer zu behandeln

Witzige oder originelle Online-Kampagnen dieser Art fahren auch andere Großunternehmen wie Mercedes oder DHL – garantiert sind Benefits für Umsatz oder Corporate Image aber keineswegs. Just als Edeka frohgemut mit „supergeil“ eine seiner Eigenmarken beworben hatte, musste ein Apfelmus wegen Scherben im Glas in mehreren Bundesländern zurückgerufen werden. Ergebnis: Die Wortverbindung „Supergeil – Glasscherben“ dominierte einprägsam die Schlagzeilen.

Unternehmen müssen zudem genug Nerven und Selbstbewusstsein haben, um Shitstorms oder Troll-Attacken durchzustehen, die auch ohne solche hausgemachten Marketing-Fails hochkochen können. Selbst Agenturen wie der führende YouTube-Vermarkter Mediakraft sind nicht davor gefeit, dass heftige Angriffe gegen das eigene Haus aus dem Nichts heraus millionenfache Verbreitung erfahren, wie u.a. das Handelsblatt berichtet.

YouTube ist jung genug für alte Bärte

Die Risiken beim Online-Marketing mit YouTube-Clips sollte man dennoch mit Augenmaß betrachten. Der Apfelmusrückruf wäre auch ohne YouTube durch die Medien gegangen. Nachhaltiger wirkt hingegen der Coolness-Faktor für den sonst als eher bieder eingeschätzten Einzelhandelsriesen. Unter 30-Jährige etwa haben deutlich positiv in ihrer Konsumhaltung auf „Supergeil“ reagiert.

Eine Oscar-Nominierung kann freilich keine Agentur garantieren. Sie kann eine solide Marketing-Einschätzung treffen. Aber welches Video virulent wird, welcher Spot einen Nerv trifft, bestimmt im Social Web die Weisheit der Vielen. Jean-Remy von Matt, der Chef-Kreative bei Jung von Matt, der Agentur, die den Supergeil-Spot entwickelt hat, macht es z.B. so, wenn er herausfinden will, ob seine YouTube-Kampagnen ankommen: Er fragt seine 19 und 18 Jahre alten Söhne.