Voice Shopping

„Tinaaaaa, watt kosten die Kondoooome?“ Heutzutage muss sich keiner mehr davor fürchten, an der Supermarktkasse von unsensiblen Verkäuferinnen bloßgestellt zu werden. Der legendäre Spot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung stammt aus den 1990ern. Damals gab es noch keine vergleichbaren digitalen Sprachassistenten, heute können einem hingegen Alexa (Amazon), Google Home/Assistant, Siri (Apple), Cortana (Microsoft) oder Bixby (Samsung) allerlei unangenehme Aufgaben abnehmen. Ein Sprachbefehl, und die Helfer ordern selbsttätig Kaffee oder Toilettenpapier. So zumindest ist es gedacht. In der Praxis spielt Voice Shopping bisher aber noch eine eher untergeordnete Rolle.

Noch ist Shoppen per Spracheingabe ein Nischenphänomen

Wie klein oder groß diese Rolle derzeit tatsächlich ist, lässt sich nicht so leicht sagen. Im August 2018 erschien eine ganze Reihe von Artikeln, die über enttäuschende Geschäftszahlen berichteten. Demnach hätten 2018 lediglich zwei Prozent der Alexa-Nutzer einen Einkauf per Sprachbefehl getätigt. Mehr noch, lediglich zehn Prozent von diesen hätten es danach noch einmal gemacht. Das klingt nicht nach einem zufriedenstellenden Shopping-Erlebnis. Auffällig daran ist jedoch, dass sich allesamt auf einen Artikel in The Information als Quelle beziehen, der die Zahlen wiederum von zwei Menschen mit Zugang zu internen Amazon-Statistiken bekommen haben will. Amazon hatte der Darstellung umgehend widersprochen.

Andere Zahlen aus Großbritannien sprechen eine etwas positivere Sprache: Dort gaben immerhin sieben Prozent von 1000 befragten Besitzern digitaler Sprachassistenten an, dass sie diesen für Einkäufe nutzen. Die beliebtesten Einsatzszenarien waren, Musik oder das Radio spielen zu lassen (65 Prozent) sowie Nachrichten oder die Wettervorhersage zu hören (50 Prozent). Auch Amanda Zantal-Wiener von Hubspot stolperte über die Zahlen von The Information. Sie befragte knapp 500 Internetnutzer in Großbritannien und den USA – und immerhin 30 Prozent von ihnen sagten, dass sie schon einmal einen Einkauf über ihren Smart Speaker durchgeführt haben.

Für die verhaltene Käuferschaft gibt es mehrere Gründe: Auch wenn der Absatz von (vermeintlich) intelligenten Lautsprechern wie Amazon Echo zunimmt, hat noch lange nicht jeder einen in seinem Wohnzimmer stehen. Darüber hinaus ist die Anzahl der Alexa-Shopping-Skills für den deutschen Markt derzeit gering, berichtet das ZDF. Zudem dürften beim Voice Shopping vor allem Dinge des täglichen Gebrauchs wie etwa Reinigungsmittel über die Ladentheke gehen. Hochwertigeres oder Höherpreisiges wollen die meisten Käufer dann vermutlich doch lieber erst einmal persönlich in Augenschein nehmen und prüfen, anstatt es automatisch von einem digitalen Assistenten ordern zu lassen. Ein weiterer Aspekt ist die Frage nach dem Komfortgewinn: Ein Einkauf über das Smartphone beispielsweise ist heute ebenfalls schnell getätigt – und man sieht vorher, was man kauft. Last but not least dürfte man vielleicht nicht jeden Einkaufszettel laut vorlesen wollen, wenn Mitbewohner oder Kollegen neben einem stehen: „Alexaaaaa, watt kosten die …“

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    Der Markt für Voice Shopping wächst langsam, aber sicher

    Was nicht ist, kann allerdings noch werden. Und vieles deutet darauf hin, dass es auch so kommen könnte. So prognostizieren die Marktforscher von OC&C Strategy Consultants laut PRNewswire, dass der Markt allein in den USA von derzeit zwei Milliarden auf 40 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022 wächst. Nach und nach trauen sich auch zunehmend Unternehmen aus der Deckung, wie etwa im September 2018 der britische Händler Argos, der den Service gemeinsam mit Google Home anbietet.

    „Das Gros aller Produkte im E-Commerce wird früher oder später für das Voice Shopping attraktiv werden“, glaubt Niklas Lewanczik von onlinemarketing.de. Dazu bedürfe es einer Optimierung der Produktbeschreibungen vonseiten der Shops. Des Weiteren könnten Voice Ads helfen, die Nutzer über besondere Angebote zum direkten Kauf über einen Sprachassistenten zu verleiten.

    „Die entscheidende Frage ist aber, wann die Nutzerakzeptanz so hoch ist, dass von einem relevanten Kanal gesprochen werden kann“, hebt Professor Dr. Dominik Große Holtforth von der Hochschule Fresenius in Köln auf ryte.com hervor. Das könnte in fünf bis zehn Jahren der Fall sein. Also noch lange hin? Ja und nein. Vor allem Unternehmen, die sich an besonders innovative und junge Zielgruppen wenden, sollten sich bereits jetzt mit den Konsequenzen der Sprachsuche nach Produkten auseinandersetzen, rät der E-Commerce-Experte. Er empfiehlt unter anderem, Content dialogorientierter zu gestalten sowie Rich Answers in der Suchmaschine anhand von strukturierten Daten zu fördern.

    Fazit: Halten Sie Ihre Ohren auf und finden Sie den perfekten Einstiegsmoment!

    Voice Shopping ist derzeit noch weit davon entfernt, den Massenmarkt zu erobern. Es lässt sich aber mit einiger Wahrscheinlichkeit prognostizieren, dass es an Bedeutung gewinnen wird – nicht als Ersatz für herkömmliche Shoppingkanäle, sondern als Ergänzung. Online-Händler sollten die Entwicklung im Auge (oder Ohr) behalten und immer wieder einmal prüfen, ob, und wenn ja, wann sich eine eingehendere Beschäftigung mit dem Thema für sie lohnt. Als weiterführende Lektüre eignet sich beispielsweise das Whitepaper Chatbots & Voice Commerce von GS1 Germany.

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