Programmatic Creation

Der US-amerikanische Industrielle und Automobil-Pionier Henry Ford meinte einmal, er wüsste, er könnte die Hälfte seines Werbeetats eigentlich wegwerfen, er wüsste nur nicht, welche Hälfte. In diesem Sinne ist das Problem von Streuverlusten das tägliche Brot von Werbern und Marketing-Experten. Traditionellerweise wird Werbung auf bestimmte Zielgruppen hin zugeschnitten, aber man kann sich nie sicher sein, ob und wie weit man in diese Zielgruppe eindringt.

Werbung genau nach Maß

Programmatic Creation nutzt zeitgemäße Technologien und Medien, um genau diesen Streuverlust so weit wie möglich zu minimieren. Es geht darum, ein Produkt mit unzähligen verschiedenen Werbespots, Online-Anzeigen oder Bannern zu bewerben, die aber genau auf die Wünsche und aktuellen Bedürfnisse des einzelnen Betrachters maßgeschneidert sind. Der Ansatz ist nicht neu, tritt aber erst neuerdings in den Vordergrund.

Ein herausragendes Beispiel für Programmatic Creation ist eine Kampagne von Blackberry aus dem Jahre 2013. Blackberry schaltete während des amerikanischen Superbowls einen Spot, um seinen damals neuen Blackberry Z10 zu bewerben. Dieser Spot verwies auf eine Website, die die Besucher einlud, einen Facebook-Button anzuklicken. Sekunden später bekam jeder Besucher einen personalisierten, also direkt auf ihn zugeschnittenen Werbespot zu sehen.

Bei dieser Programmatic-Creation-Kampagne griff Blackberry auf die Facebook-Daten der Seitenbesucher zu, also auf Freundeslisten, Interessen, Wohnorte und andere Informationen. Zwar konnte sich der Blackberry Z10 nicht am Markt behaupten, aber die Verantwortlichen waren trotzdem zufrieden. Sie hatten Impossible Software mit der Umsetzung beauftragt. „Wir haben nahezu gleichzeitig 255.000 individuelle Spots ausgespielt. Das Rendern hat uns nur knapp sechs Sekunden gekostet und es waren Unmengen an Servern im Einsatz“, erklärte Ole John, Chief Operating Officer bei Impossible Software, gegenüber dem Online-Magazin Meedia.

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    Werbespots nach dem Baukastenprinzip

    Die Spots wurden nach dem Baukastenprinzip gewissermaßen live zusammengesetzt, sobald ein Nutzer online ging und auf den Facebook-Connect-Button klickte. Die Daten über die einzelnen Nutzer lieferte die Facebook-Connect-Schnittstelle. Nach denen setzte dann ein Algorithmus den Spot zusammen. Darin fanden sich dann auch Bilder aus dem Facebook-Account der betreffenden Person, Bilder von Freunden, Verweise auf musikalische Vorlieben und Ähnliches. Die Einzelteile, also ein fixes Intro und Outro, sowie verschiedene Sequenzen für den Mittelteil, lagen auf zahlreichen Servern bereit. Die Sequenzen für den Mittelteil waren zum Teil völlig unterschiedlich und wurden je nach Bedarf zusammengebaut. So entstand für jeden Besucher ein individueller Werbespot.

    Screenshot der Kampagne für den Kaffee Black 'N White, Quelle: Tchibo

    Screenshot Kampagne Black `N White, Quelle: Tchibo

    Ähnlich ging Tchibo 2016 bei einer Facebook-Kampagne für seinen Kaffee Black ’n White vor. Die Werber hatten ihre Zielgruppe in sieben verschiedene Segmente aufgeteilt. Je nach Lebenssituation und Umfeld sahen diese sieben Gruppen einen speziellen Werbeclip. Abgestimmt darauf, ob man beispielsweise Familie hat, Kaffee eher als Genussmittel oder Energielieferant nutzt, stellte ein Algorithmus den Clip zusammen.

    Programmatic Creation nutzt Big Data und künstliche Intelligenz

    Mit Programmatic Creation steigen sowohl der Aufwand an Vorarbeiten als auch der schiere technische Einsatz. In der Konzeption müssen die verschiedenen Varianten berücksichtigt und geplant werden; hinzu kommt, dass für ein derart individualisiertes Video wesentlich mehr Material gebraucht wird als für einen 30-Sekunden-Clip. „Nur so ist später garantiert, dass die passenden Sequenzen für die richtige Zielgruppe ausgewählt und zusammengebaut werden können. Dafür habe ich nach dem Mehraufwand aber um ein Vielfaches höhere Erfolgsmöglichkeiten als mit nur einem pauschalen Spot. Denn mit den vielen verschiedenen Spots erreiche ich viel engere Zielgruppen“, schwärmt Ole Johns in einem Interview mit der Zeitschrift absatzwirtschaft.

    Programmatic Creation bietet die Chance, Konsumenten zielgerichteter anzusprechen, idealerweise mit den richtigen Botschaften in der richtigen Situation. Für die Kreativen bedeutet das, medienunabhängige Leitideen zu entwickeln, die sich dementsprechend flexibel umsetzen lassen. Allerdings kehrt sich ein bisher gebräuchliches Prinzip in der Werbung um. Bislang ging es darum, eine statische Botschaft an eine möglichst genau passende Zielgruppe zu richten. Programmatic Creation dagegen liefert jedem Kunden eine auf seine jeweilige Nutzungssituation passende Werbung. Somit wird der Nutzungskontext wichtiger. Wie das Beispiel der Blackberry-Werbung zeigt, setzt Programmatic Creation einen hohen Grad an Automatisierung, große Datenmengen und künstliche Intelligenz voraus.

    Mit Atomic Design Werbung kreieren

    Dem Ganzen liegt die relativ neue Disziplin des Atomic Design zugrunde. Sie beschäftigt sich mit den einzelnen Elementen eines Mediums. Eine Internet-Seite wird beispielsweise in fünf verschiedene, hierarchisch angeordnete Ebenen untergliedert. Auf der untersten Ebene finden sich die sogenannten „Atome“, also Schriften, Metatags oder Farben. Auf der nächsten Ebene begegnet man „Molekülen“, also Suchfeldern oder Buttons. Wiederum eine Etage höher formieren sich „Organismen“ beispielsweise zu Menüleisten. Auf der vierten Ebene sind Vorlagen (Templates) angesiedelt, auf der fünften dann das fertige Produkt.

    Programmatic Creation nutzt Big Data und künstliche Intelligenz, um die benötigten Ebenen in Echtzeit zu konfigurieren und an den Kontext des Betrachters anzupassen. Dabei lernt ein Programmatic-Creation-Algorithmus, wie er Produktwerbung passend zum Kontext der einzelnen Betrachter erzeugen muss. Mit genügend Trainingsdaten können Werbetreibende dann den Prozess der Programmatic Creation exakt auf den einzelnen Betrachter ausrichten.

    Programmatic Creation senkt Streuverluste

    Daraus folgt, dass Werber nicht mehr ganze Kanäle bespielen müssen, sondern genau jene Nutzer anpeilen können, die ihren Zielprofilen entsprechen. So lässt sich durch technische Mittel der Streuverlust minimieren. Zumal es durch das Internet im Moment eher so ist, dass der Streuverlust wächst. Webnutzer sind in vielen verschiedenen Kanälen unterwegs. Sie gelangen über Suchmaschinen, digitale Unterhaltungs- oder Nachrichtenplattformen, soziale Medien oder direkten Zugriff auf die Website eines Anbieters. Und im Zweifelsfall ist die Alternative immer nur einen Klick entfernt.

    Fazit: Bleiben Sie der Zukunft des Online-Marketings auf der Spur!

    Schon 2015 vertrat der US-Suchmaschinenriese Google in seinem zusammen mit der Strategieagentur diffferent veröffentlichten Whitepaper „The Programmatic Giant – Einige Chancen sind zu groß, um sie zu verheimlichen“ die Ansicht, Programmatic Creation repräsentiere die Zukunft des Online-Marketings. Softwarebasierte Werbekampagnen werden mehr und mehr zur Regel. Dabei wird nicht nur das Ausspielen individualisierter Spots wichtig sein, sondern auch der automatisierte und sehr schnell über das Web abgewickelte Verkauf von Werbeflächen. Der kann mit modernen Technologien genauso zielgenau ablaufen wie das Ausspielen eines Spots. Im Extremfall wird eine Werbefläche erst kurz vor der Präsentation des Spots speziell für diesen einen Nutzer angekauft. Ab 2021, so die Studie, wird Online-Werbung dann nur noch in dieser Form funktionieren.

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