„Der Einzelhandel befindet sich inmitten einer digitalen Revolution.“ – So leitet das Marktforschungsinstitut Ipsos die Präsentation seiner Omnichannel-Studie 2016 ein. Im Rahmen der Erhebungen haben z.B. 80 % der Befragten einen Vorteil des Online-Shopping darin gesehen, „Produkte gemütlich zu Hause auszusuchen“. Das passt zu einem von Statista ermittelten Zuwachs der in Deutschland online erzielten Umsätze: plus 46 % in den letzten zwei Jahren. Überproportional zugelegt haben dabei Kaufabschlüsse per Smartphone und Tablet.

Was heißt das jetzt für stationäre Einzelhändler – wenn gleichzeitig 57 % der Befragten bei Ipsos angeben, dass sie lokale Geschäfte bevorzugen (!) und 70 % nur einmal monatlich online shoppen? Vereinfacht gesagt heißt es,

  1. dass es bei der Frage „lokal oder online einkaufen“ nicht um ein Entweder-oder geht;
  2. dass es für den stationären Einzelhandel genau deswegen nicht so einfach ist;
  3. und dass man etwas in die Details einsteigen muss, wenn man die richtigen Schlüsse aus dem Kaufverhalten online und offline ziehen will.

Online-Handel und Ladengeschäft wachsen zusammen

Omnichannel – der Titel der Studie verweist bereits darauf, worum es zukünftig für den Einzelhandel geht: Einmischung in die „Online-Welt“, so wie diese sich auch in das eigene Geschäft einmischt. Bei Dienstleistungen wie dem Friseurbesuch wird es zwar noch eine Weile dauern, bis sie online funktionieren, ohne dass die Kunden ihre Wohnung verlassen müssen. Aber klassische Vor-Ort-Einkäufe wie frischer Kopfsalat? Kommt auch schon ins Haus und zwar unkompliziert: „Salat kaufen“ bei Google ergibt in der Regel mindestens ein Lieferangebot. Supermarktketten bieten oft kostenfreie Lieferung ab einem Mindestbestellwert; alternativ kann auch der ganze Einkauf online bestellt, bezahlt und dann fertig zusammengestellt abgeholt werden.

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REWE bewirbt seinen Online-Lieferservice bei der Suchanfrage „Salat kaufen“. (Screenshot: Google.com)

Der Trend erfordert neue Strategien für lokale Geschäfte

Online-Shopping und „einkaufen gehen“ – das zeigt dieses Beispiel – können sich also durchaus überschneiden. Die Chance des stationären Einzelhandels liegt genau hier: diese Schnittmenge möglichst optimal und maximal zu nutzen, und zwar offensiv. Entsprechende Strategien sollten ein paar weitere aktuelle Erkenntnisse beherzigen:

Bestandskunden gehen nicht so schnell an den Online-Handel verloren, wenn die Kundenbindung, die oft auf persönlicher Beziehung basiert, durch positive Online-Kundenerlebnisse verstärkt wird:

  • 27 % der von Ipsos Befragten benutzen eine digitale Einkaufsliste. Deren Qualität ist allerdings unterschiedlich. Es gibt dazu unzählige Online-Tests. Wer sich als Einzelhändler hier schlau macht, kann zumindest durch entsprechende Beratung seiner Kunden seine Online-Affinität signalisieren.
  • Der Mercedes unter den Einkaufslisten aus Händlersicht ist natürlich die, die dem Kunden das eigene Sortiment präsentiert. Die Schwäche vieler dieser Apps aus Kundensicht ist aber, dass sie den restlichen Einkauf dort nicht notieren können. Worauf es bei dieser an sich sehr schlauen Vertriebsmethode ankommt, zeigt ein App-Test des Handelsblogs LocaFox.

  • Mit dem Smartphone im Geschäft: Ein gutes Drittel der Kunden informiert sich über Produkte während des Aufenthalts im Geschäft. Und über die Hälfte der Kunden wollen auch QR-Codes und Barcodes scannen, um mehr zu erfahren, wenn sie vor dem Regal stehen. Auch hier sammeln Geschäfte Punkte bei ihren Kunden, wenn sie diesem Bedürfnis aktiv entgegenkommen.
  • Neue Produkterfahrungen der „dritten Art“, nämlich über Virtual oder Augmented Reality, spielen dabei ebenfalls eine Rolle. Auch sie lassen sich z. B. durch QR-Codes abrufen und können einen starken Kaufimpuls auslösen. Solche auffällig platzierten Optionen sind derzeit noch ein Hingucker in einem lokalen Geschäft.

Neukundengewinnung kann ebenfalls über Online-Maßnahmen gelingen, wobei Händler damit natürlich zugleich auch die bestehende Kundenbindung unterstützen können:

  • 27 % nutzen ihr Smartphone, um ein Geschäft in der Nähe zu finden. Wer bereits in sein lokales Online-Marketing investiert hat, profitiert davon mit Sicherheit. Dabei geht es nicht um teure Anzeigen, sondern um die clevere Nutzung (Stichwort „Omnichannel-Marketing“) verschiedener Kanäle wie Facebook, Google Business und Maps, verschiedene Apps usw. Mehr dazu steht in unserem Schwerpunktbeitrag mit Tipps zum lokalen Online-Marketing.
  • Online im Abseits: Rund ein Drittel aller deutschen Unternehmen haben keine eigene Website! Und das hat sich nach Angaben von Statista seit über zehn Jahren kaum markant geändert. Es liegt auf der Hand, dass ohne eine Niederlassung im Internet kaum Chancen bestehen, der Abwanderung von Kunden zum reinen Online-Handel Paroli zu bieten – übrigens zunehmend auch nicht der stationären Konkurrenz. Dabei ist das Einrichten einer eigenen Homepage heute wirklich einfach.
  • Online-Shop neben dem Geschäftslokal? – Überlegungen wie diese müssen Einzelhändler auf Grundlage des spezifischen Sortiments, der geografischen Lage, verfügbarer Kapazitäten (Logistik etc.) und weiterer Faktoren anstellen. Hexerei ist die Einrichtung eines Online-Shops heute auch keine mehr. Es lohnt sich jedenfalls, zumindest die Online-Strategien der am Anfang genannten Anbieter in Betracht zu ziehen, die sowohl online wie offline auf dem Markt sind – und natürlich die der Mitbewerber in der eigenen Branche.

Fazit: Sprengen Sie die Grenze zwischen Online- und Offline-Shopping!

Der deutsche Einzelhandel gerät im Omnichannel-Vertrieb ins Hintertreffen. Das diagnostizierten zuletzt noch im November 2015 die Marketingstrategen von strategy&. Höchste Zeit also, Online- und Offline-Geschäft zu verzahnen. Gratis-WLAN zwischen den Regalen ist ein Anfang, aber längst nicht alles. Der Einzelhandel kann mehr, wenn er will.

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