Disruptive Marketing

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Disruption ist das Ding, an dem sich Manager laut FAZ „besoffen reden“ können. Es gibt disruptive Innovationen, disruptive Technologien und Produkte, und modernes Marketing muss man angeblich auch disruptiv machen. Uber und AirBnB sind disruptiv, also wird schon etwas dran sein. Das Wort riecht nach Erfolg. Was genau ist aber disruptives Marketing?

Warum es nicht einfach um „neu und besser“ geht

An Produkten lässt sich anschaulicher erklären als am Marketing, worum es überhaupt bei Disruption geht und worum nicht. Der Begriff hat nämlich gut zwei Jahrzehnte auf dem Buckel und wird gerade etwas inflationär gebraucht, zum Beispiel auch fälschlich für einfach hervorragend gute Neuerungen. Der entscheidende Unterschied wird dort deutlich, wo eine Service- oder Produktqualität eigentlich ausgereizt ist.

Die siebte Klinge am Rasierer ist das Klassikerbeispiel: Der Bart ist ab, und er war es wohl schon bei der fünften und sechsten Klinge. Gillette wird nicht vom Anbieter des 8-Klingen-Rasierers bedrängt, vielleicht aber von der Idee eines Rasierer-Abonnements im Versand. Oder Brockhaus: Den Verlag hat weder der große Meyer noch Duden umgebracht, sondern die Idee des Crowdsourcings von Wissen mit Wikipedia. Oder Rechnerkapazität und künstliche Intelligenz: Die Skeptiker hatten nicht unrecht, als sie zuerst sagten, Computer würden nicht besser Schach spielen als Menschen. Als Deep Blue dann doch vor 20 Jahren Kasparow schlug, kamen sie mit Go, dem Spiel mit so vielen möglichen Spielzügen, wie das Universum Atome hat. Hartes Training für die Maschine, aber vor zwei Jahren besiegte AlphaGo den damals weltbesten menschlichen Spieler. Heute braucht die letzte Version, AlphaGo Zero, nur noch die nackten Spielregeln und drei Tage, in denen das Programm selbstlernend gegen sich selbst spielt, um die Vorgängerversion 100:0 zu schlagen.

Warum die Skeptiker trotzdem recht hatten? Weil Disruption bei der Rechnerarchitektur im Spiel war. Deep Blue mit seiner brute force hätte das Go-Spiel tatsächlich nicht geschafft, und AlphaGo hätte ohne Selbstlernkompetenz der letzten Generation nie in drei Tagen ohne externe Trainer die Meisterklasse erlangt.

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    Disruptives Marketing erfordert neues Denken

    Sie wollen einen schlagenden Durchbruch mit Ihrem Marketing erzielen. Weil das aber jeder will, dreht sich das Karussell der Marketingmaßnahmen gefühlt immer schneller. Darf es noch ein zehnter Social-Media-Kanal sein? Oder die nächsten 20.000 E-Mail-Adressen für den Newsletter, garantiert aktuell und auf Double Opt-in gecheckt? Ein Chatbot für den Verkauf? Irgendwann geben Sie mit heraushängender Zunge auf, weil Sie – genau wie Deep Blue – einfach am Ende der physischen Kapazität angelangt sind.

    Mit Optimierung von Maßnahmen hat disruptives Marketing nämlich genau nichts zu tun. Fast nichts – denn um im Marketing disruptiv zu werden, müssen Sie vorher meist einige klassische Marketing-Skills sehr wohl optimieren. Dazu gehören im Wesentlichen

    • die detaillierte Kenntnis des Profils Ihrer Bestandskunden ebenso wie der Zielgruppe Ihrer Neukunden;

    • eine auf Ihr Unternehmen angepasste Marketing-Strategie für jene (herkömmlichen) Kanäle, auf denen Menschen landen, die Sie mit disruptivem Marketing neu erreichen;
    • ein guter Überblick über das Marketing Ihrer Mitbewerber, um sich überhaupt abheben zu können – denn ein Durchbruch an einer bereits geknackten Stelle ist natürlich keiner mehr.

    Das eine Rezept für disruptives Marketing im engeren Sinn gibt es definitionsgemäß nicht; jedenfalls nicht so, wie Sie zum Beispiel Newsletter– oder Persona-Marketing lernen. Der Ansatz funktioniert eben anders: Sie müssen neu denken! Ausgehend davon, dass immer mehr Marketingmaßnahmen für immer mehr Angebote um die Aufmerksamkeit immer derselben Menschen ringen, werden Sie Ihre Chance nur dort finden, wo die anderen noch nicht sind. Oder nicht mehr.

    Neues Denken haben wir unter dem schicken Stichwort Design Thinking hier schon einmal behandelt. Es ist die mentale Basis für disruptive Innovationen, auch im Marketing. Kostprobe: Hätte Bosch den Taximarkt aufmischen wollen – „Wir hätten das beste, bequemste, schönste Taxi gebaut“, statt wie Uber einen Taxiservice ganz ohne Taxi zu denken, gibt Boschs Direktor für User Experience Strategy zu.

    In ähnlicher Weise müssen Sie den Feinschliff Ihres ganzen Bündels an Marketingmaßnahmen einmal vergessen, gedanklich an den Ursprung Ihres Marketings zurückgehen und herausfinden: Welche Erwartung, welcher Wunsch, welches Bedürfnis war es, das Ihr Marketing erfolgreich angepeilt hat? Hat sich daran etwas geändert? Welche Situationen, welche Lücken in der vielfach überstrapazierten Aufmerksamkeit könnte es geben, in denen eine Maßnahme auf dann eben neue Weise durchdringt?

    Nicht einfach disruptive Best Practices imitieren

    Es gibt lange Listen von Merkmalen des disruptiven Marketings: Content statt Werbung; neue Online-Kanäle; bisher ungenutzte Assoziationen zum Produkt oder zur Marke; Guerilla-, Gonzo- oder Ambush-Marketing … Das sollen Sie durchaus alles im Hinterkopf haben, aber es ist kein Katechismus zum Herunterbeten, damit schließlich disruptives Marketing herauskommt. Nichts davon ist im Einzelfall ein Muss. Halt, doch: Eines stimmt immer, nämlich dass der Kundennutzen entscheidet und nicht die letzte digitale Spielerei oder die coolste Kommunikation. Unter diesem Vorbehalt abschließend drei willkürlich gewählte Beispiele:

    • Paradoxe Intervention betrieb der Outdoor-Ausstatter Patagonia mit seiner Kampagne „Don’t buy this Jacket!“, die die Marke als zumindest ökologisch nachdenklich positionierte. Ambivalent, weil durchaus auch harsche Verbraucherkommentare provozierend, dokumentiert der Patagonia-Blogbeitrag dazu die Sicht des Unternehmens auf dieses ungewöhnliche Marketing.

    • Ebenfalls ökologisch orientiert und ebenfalls diametral gegen den Trend agierend, beendete der österreichische Naturproduktehersteller Grüne Erde sein Marketing auf Social-Media-Kanälen, verabschiedete sich zugleich von Google Analytics und dem Tracking seiner Website-Besucher – und machte diese Entscheidung medial öffentlich. Ergebnis: Hymnische Kommentare der User!

    • Mit einem Gender-Statement ausgerechnet in der Produktkategorie Spülmittel ging eine Marke von Procter & Gamble so weit, den Markennamen für diese Kampagne von Fairy auf Fair zu ändern. „How fair is your home? – Join the discussion“ lautete die Botschaft am Ende des Videos.

    Fazit: Auch disruptiv geht nicht von selbst!

    Sie müssen nicht das Rad neu erfinden oder Marketing 4.0 kreieren, um disruptives Marketing zu schaffen. Was Sie allerdings brauchen, ist Originalität, Kreativität und ein gutes Gespür für Ihre Kunden. Und dann ist es immer noch kein Spaziergang. Aber das ist es mit klassischem Marketing ja auch nicht.

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