Gekaufte Bewertungen Gesetz

Ob Online-Einkauf, Pizzabestellung oder Arztbesuch: Bewertungsportale werden immer wichtiger als zuverlässige Wegweiser im Internettraffic. Zu den prominentesten dieser Verbraucherplattformen in Deutschland zählt Jameda.de. Hier suchen nach eigener Angabe des Portals monatlich fünf Millionen Nutzer den besten Arzt für ihr Leiden. Was vielen unklar war: Die an erster Position platzierten Empfehlungen sind käuflich. Das Oberlandesgericht München (OLG) machte jetzt klar: So etwas muss auf den ersten Blick erkennbar sein – und zwar nicht nur bei Ärztebewertungen.

„Irreführend und unzulässig“

…so bezeichnete bereits im März 2015 das Landgericht München I (Az. 37 O 19570/14) die Praxis von Jameda, weitgehend ähnlich aufgemachte Ärzteprofile direkt oberhalb der tatsächlich am besten bewerteten Ärzte zu platzieren. Dass es sich dabei um gekaufte Bewertungen handelte, sei durch die zusätzliche Bezeichnung „Premiumpartner“ und durch eine farbliche Unterlegung eben gerade nicht ersichtlich. Patienten könnten die Anzeige als solche erst durch genauere Lektüre erkennen, bemängelte das Gericht.

Die Möglichkeit sich Platz 1 in der Trefferliste zu kaufen, ist längst kein Geheimnis mehr. Wer auf der Jameda-Website im Auswahlmenü oben auf den Reiter „Für Ärzte“ klickt, erfährt sofort vom Premium-Eintrag und landet mit einem weiteren Klick z.B. beim Platin-Paket für 135 Euro monatlich. Das bietet ambitionierten Standesvertretern die – nochmals kostenpflichtige! – Zusatzoption, für Fachgebiete oder spezielle Suchbegriffe „an Pos. 1“ zu erscheinen.

Erkennbar widerwillige Transparenz

Jameda hatte gegen das Urteil beim OLG München Berufung eingelegt, diese aber schon in der mündlichen Verhandlung am 15. Oktober zurückgezogen. Das OLG hatte unmissverständlich signalisiert, dass die Erfolgsaussichten bei Null lägen, wie die Süddeutsche Zeitung aus der Verhandlung berichtete. Das Ergebnis sieht mittlerweile so aus:

Ärztebewertung Jameda Beispiel

Screenshot, Quelle: jameda.de

Es gibt kein Sternchen mehr in den Anzeigen (diese deuten für die Münchner Richter dezidiert auf eine Bewertung hin), keinen farbigen Hintergrund, und der Hinweis „Anzeige“ schämt sich versteckt in der Ecke. Dem Buchstaben des Urteils hat Jameda damit möglicherweise Genüge getan, wenn auch mit sichtbar wenig Begeisterung. Mehr Transparenz hätte wohl das Geschäft mit diesen Anzeigen getrübt.

Das nunmehr rechtskräftige Urteil der ersten Instanz bezeichnete ein Sprecher des OLG München als „wegweisend auch für andere Bewertungsportale“, berichtet das Rechtsmagazin LTO. Der Hintergrund für diese Bemerkung ist bekannt: Aus nachvollziehbaren Gründen wollen die Portale ihre Cash Cow so wenig wie nur möglich durch überdeutliche Kennzeichnung von Anzeigen gefährden.

Fazit: Topranking auch ohne fragwürdige Anzeigen

Es gibt zahlreiche andere Möglichkeiten bei Bewertungen zu punkten. Es muss keine bezahlte Anzeige im Portal selbst sein. Und wenn doch? – Dann empfiehlt es sich, die angepriesenen Vorteile einer Anzeige genauer anzusehen. Sollten sie Ähnlichkeiten mit genau jenen Merkmalen haben, die das Landgericht München I gerade abgeschossen hat, ist die Investition in eine solche Anzeige sicher keine gute Idee.

Was Sie beim Thema Online-Bewertungen sonst noch beachten sollten, haben wir in unserer vierteiligen Ratgeber-Serie zusammengestellt:
Online-Bewertungen, Teil 1: Verbraucher glauben Verbrauchern am meisten
Online-Bewertungen, Teil 2: Kluges Couponing kann Kundenmeinungen kitzeln
Online-Bewertungen, Teil 3: Google findet Google+ Local am wichtigsten
Online-Bewertungen, Teil 4: Schlechte Noten, nur ein Stern – was tun?