Die US-amerikanische Hightechbranche reagiert auf den wachsenden Extremismus im Internet. Gerade nach den Ereignissen von Charlottesville haben viele Internet-Plattformen problematische Nutzer und Web-Auftritte entfernt. Google hat deswegen seine sogenannte Content Policy geändert, um besser gegen Falschmeldungen, diskriminierende Äußerungen oder „Hate Speech“ vorgehen zu können. Googles Ziel ist dabei, den Nutzern und seinen Kunden ein sichereres und positiveres Internet zu präsentieren. Zudem hat das Unternehmen auch die entsprechenden Regeln für Firmen geändert, die am AdSense-Programm teilnehmen.

Das kann mehrere Folgen haben. Entweder verschwindet ein kompletter Web-Auftritt aus dem Google Index, oder aber einzelne Seiten werden nicht mehr gelistet. Oder aber die im Rahmen von AdSense platzierten Anzeigen entfallen, was für den Seitenbetreiber zu Einnahmeverlusten führen würde.

Googles Schwierigkeiten mit problematischen Inhalten

Allerdings hat diese Entscheidung von Google eine längere Vorgeschichte. Der Suchmaschinenriese hat in der Vergangenheit schon mehrfach seinen Suchalgorithmus verändert und damit für Kontroversen und Kritik gesorgt. So musste die Google-Tochter YouTube im März auf einen Anzeigenboykott in Großbritannien und in den USA reagieren. Viele Werbekunden wollten ihre Werbung nicht in einem Umfeld sehen, dass ihre Produkte in ein schlechtes Licht rückte. Hinzu kamen Beschwerden über die wachsende Zahl von absichtlichen Falschmeldungen. YouTube reagierte, wobei diese Reaktion sich wiederum auf die Einnahmesituation von LGBTQ-Kanälen negativ auswirkte. Ähnlich negative Konsequenzen hatte die Veränderung am Suchalgorithmus von YouTube auch für viele Kanäle mit politischen Kommentaren oder satirischen Inhalten.

Neue Content-Richlinien gegen Hassreden

Was Anfang des Jahres bei YouTube begann, setzt sich nun im Google-Index fort. Bisher verstieß gegen die Google-Richtlinien, wer ethnische und religiöse Minderheiten, Homosexuelle oder Einzelpersonen bedrohte, online belästigte oder zu Diskriminierung und Gewalt gegen sie aufrief. Nun umfasst die entsprechende Regelung auch die Leugnung des Holocausts, die aktive Diskriminierung von Minderheiten, von Flüchtlingen und Migranten, oder auch das Argumentieren für den gesellschaftlichen Ausschluss einzelner Gruppen. Eine Äußerung wie „Kauft nicht bei Chinesen“ oder die Äußerung „Wir vermieten nicht an Chinesen“ wird nun als Verstoss gegen Googles Community-Richtlinien gewertet und als „Hassrede“ eingestuft.

Derartige Inhalte werden entweder gar nicht erst in den Google-Index aufgenommen oder bei entsprechenden Hinweisen gelöscht. Google hat deswegen in den letzten Monaten mehr als 200 Web-Auftritte aus seinen Suchergebnissen entfernt. Diese Änderungen reagieren auf ein Online-Umfeld, das aggressiver und zersplitterter ist als früher, und das sich laut Rick Summers, der bei Google für die Entwicklung und Umsetzung der Richtlinien für Medieninhalte verantwortlich ist, „an der äußersten Grenze dessen bewegt, was wir normalerweise als Hassrede bezeichnen.“

Zudem hat Google den Kreis der Gruppen erweitert, die von den neuen Richtlinien geschützt werden. Es zählen nun auch Einwanderer und Flüchtlinge hinzu. Das Unternehmen sieht verbale Attacken auf dieses beiden Gruppen außerdem gleichzeitig als islamfeindlich an, was auch gegen die Richtlinien verstößt. Mit den neuen Regelungen will das Unternehmen wirksamer als bisher verhindern, dass Anzeigen auf problematischen oder kontroversen Seiten landen, die wiederum den Ruf des werbenden Unternehmens beeinträchtigen könnten.

Auch einzelne Seiten werden bewertet

Außerdem ist neu, dass die Regelung auf einzelne Seiten eines Web-Auftritts angewendet wird. So würden also Anzeigen weiterhin auf der rechten US-Medienplattform Breitbart platziert, aber von einer einzelnen Seite entfernt, auf der sich eine abwertende Äußerung über Juden oder Transsexuelle befindet. Gleichzeitig können werbetreibende Unternehmen genauer als bisher festlegen, wo ihre Anzeigen platziert werden.

Zweierlei Maß auf YouTube?

Googles Chief Business Officer Philipp Schindler kündigte an, dass sein Unternehmen mehr Personal zur Überprüfung problematischer Inhalte einstellen und weiterhin intelligente Software-Tools zum Aufspüren dieser Inhalte entwickeln wird. Bisher erscheint der Sinn dieser Maßnahmen durchaus zweifelhaft. So werden auf YouTube Kanäle mit eigentlich unproblematischen Inhalten demonetarisiert, das heißt, Google lässt hier keine Werbung mehr zu. Zudem gibt es auf der Video-Plattform neuerdings den „limited state“ mit begrenzter Funktionalität und Warnhinweisen. Das trifft zur Zeit aber eher konservative oder sogar politisch neutrale Kanäle. Auch YouTuber, die den progressiven Konsens speziell in den USA kritisieren, sind betroffen. Im limited state landen bisher Videos mit deutscher Marschmusik, exzentrischen evolutionsbiologischen Inhalten oder mathematischen Lerninhalten. Dagegen sind etwa radikalislamische Inhalte, die Hinrichtungen oder von schmissiger Musik untermalte reale Kriegshandlungen zeigen, weiterhin verfügbar.

Ungewissheit bei der Suchmaschinenoptimierung bleibt

Für SEO-Verantwortliche und Anbieter von SEO-Leistungen entsteht so eine heikle Situation. Im Moment liefern beispielsweise Googles AdWords-Richtlinien gute Anhaltspunkte für Unternehmen, die einen SEO-Dienstleister suchen. Google hat sogar eigene Richtlinien darüber herausgegeben, was einen guten SEO-Dienstleister auszeichnet. Umgekehrt können sich auch SEO-Agenturen an diesen Richtlinien orientieren, wenn sie darüber entscheiden, ob sie einen neuen Kunden aufnehmen. Es ist auch zu erwarten, dass Googles erweiterte Richtlinien neue Standards setzen, denen die E-Marketer und ihre Kunden dann folgen.

Aber wenn Google als Unternehmen stärker als bisher tagespolitischen Strömungen folgt, wird das SEO-Geschäft schwierig. Dann bieten auch Googles Richtlinien keine wirklich sichere Orientierung mehr. Wenn sie zu häufig und zu kurzfristig verändert werden, ist Unsicherheit unvermeidlich. Wie soll denn eine SEO-Agentur das Ranking eines Kunden verbessern, den Google plötzlich aus dem Suchindex genommen hat?

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