Urheberrecht im Online-Marketing

Online-Marketing mit Videos auf Plattformen wie YouTube oder Vimeo kann extrem cool und erfolgreich sein. Extrem uncool ist allerdings Post vom Anwalt mit einer Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzung. Ein aktueller Gerichtsstreit und ein bizarres Beispiel aus der Praxis zeigen: Sorgloser Umgang mit geschützten Werken macht schneller Ärger, als Sie denken.

Im Club der toten Komponisten

Ob Kinokunst oder Marketing: Kaum ein Film kommt ganz ohne Musik aus. Wer auch nur wenige Minuten durch YouTube-Videos zappt, hört sie fast immer: Hintergrundmusik, Erkennungsmelodien, ganz zu schweigen von Musikclips bis hin zu kompletten Konzertaufzeichnungen, bei denen es dezidiert um die Musik selbst geht. Das ist anscheinend völlig normal. Jeder Kanalbetreiber – oder fast jeder – baut Musik ein. Legal? Wohl nur selten, sonst wären Verletzungen des Urheberrechts kein solcher Zankapfel.

Scheinbar lächerliche Kleinigkeiten können dabei zum Stolperstein werden. Das zeigt die Ansicht der Richter des Oberlandesgerichts Hamburg: Rechtsverletzend ist etwa

ein Video, das ein Nutzer von seinem Urlaub am Mittelmeer bei YouTube hochlädt, auf welchem z. B. bei Laufzeit 32 min. 14 sec. seine Freunde nachts tanzend am Strand zu sehen sind und er diese Szene mit selbst auf der Gitarre (schlecht) gespielten 5 Takten der Melodie von ‚Ritmo de la noche‘ unterlegt, wobei die Musik zum Teil von Meeresrauschen überdeckt wird“ (zitiert nach beck-blog).

Die Komponisten des genannten Liedes müssten mindestens seit 70 Jahren tot sein, dann gäbe es kein Problem mit dem deutschen Urheberrecht.

Wer im Rechtestreit auf der Strecke bleibt

Die Anonymität in der Masse der YouTube-Videos bietet vielleicht einem einzelnen privaten Kanalbetreiber Deckung, solange er eher glücklos seine Filmchen hochlädt. Als Unternehmen darauf zu setzen, wäre allerdings wie russisches Roulette. Es reicht ein einziger Neider, der etwa mit der Shazam-App auf dem Smartphone auch harmloses Gedudel schnell identifizieren kann und anschließend versucht, die Löschung des Videos zu veranlassen – oder gar eine der Anwaltskanzleien, die gutes Geld mit Abmahnungen verdienen, mit einem Tipp versorgt.

Speziell in Deutschland wird seit geraumer Zeit ein erbitterter Kampf um die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke geführt. YouTube steht dabei in einem schlagzeilenträchtigen Fall an vorderster Front gegen die ebenso mächtige wie umstrittene GEMA, die den Löwenanteil der in Deutschland öffentlich gespielten Musik rechtlich verwertet. In bisher zwei Instanzen ist die GEMA dabei unterlegen – doch nicht zum Vorteil für Kanalbetreiber auf YouTube. Im Gegenteil: Es sieht nämlich ganz danach aus, dass nicht YouTube, sondern der einzelne Benutzer Adressat für Schadensersatzforderungen der GEMA ist, wenn geklaute Musik in einem Video vorkommt.

Drei einfache Wege, alles richtig zu machen

Das Mindeste an Unannehmlichkeiten besteht darin, dass YouTube ein Video sperrt, das aus urheberrechtlichen Gründen beanstandet wurde. Der Rechteinhaber kann das ohne großen Aufwand veranlassen, und das Video ist unter Umständen schon am nächsten Tag offline. Das ist umso peinlicher, je erfolgreicher der Werbeclip war. Denn ab diesem Moment werden viele Links auf eine YouTube-Seite führen, auf der unübersehbar ist, dass man es dort mit dem Copyright nicht so genau nimmt. Und Ihr Firmenname steht deutlich darüber.

Und wenn erst einmal Anwaltskanzleien aktiv werden, dann drohen nicht nur hohe Abmahnkosten, Unterlassungserklärungen bzw. -klagen, sondern je nach Streitwert auch immense Schadensersatzforderungen. Wollen Sie sich das ersparen und trotzdem musikalische Elemente in Ihr Video integrieren, dann stehen Ihnen einige mehr oder weniger unkomplizierte Möglichkeiten zur Verfügung:

  • Kostenloses YouTube-Angebot nutzen: Es gibt eine ellenlange Liste verschiedenster Musikstücke, die jeder YouTube-Kanalbetreiber kostenlos in seinen Videos verwenden darf. Das Angebot ist etwas versteckt erreichbar über das Profilbild ➝ YouTube Studio ➝ Video-Tools ➝ Audio-Bibliothek und wird im Support näher erklärt. Ob unter „Kostenlose Musik“ oder „Werbeunterstützte Musik“, durch Anklicken der Titel öffnen sich nähere Angaben zur Verwendbarkeit bzw. zu eventuellen Einschränkungen, und die Startsymbole liefern zumindest einen Trailer der Musik. Erwähnenswert sind auch die ebenfalls kostenlosen Soundeffekte auf derselben Seite.
  • Rechte offiziell erwerben: Die GEMA ist die Adresse, unter der sich gezielt und dann absolut legal Musik erwerben lässt. Für YouTube-Videos, die Marketing-Zwecken dienen, wird oft der Tarif VR-WI infrage kommen. Der Tarif-Finder der GEMA zeigt aber auch noch andere Optionen auf.
  • Do it yourself: Wer Musiker engagiert, die improvisieren können (ohne eine geschützte Komposition zugrunde zu legen!) oder Werke interpretieren, deren Komponisten seit über 70 Jahren tot sind, oder andere GEMA-freie Musik nutzen, ist ebenfalls aus dem Schneider.

Tipps zum Urheberrecht bei Social Media finden Sie auch auf der Website urheberrecht.de.

Fazit: Finden Sie Ihren ganz eigenen Sound!

Nach der ersten Schrecksekunde („Mit einem Bein im Gefängnis?!“) ist die Realität durchaus überschaubar. Letztlich ist die Verwendung von Musik in Marketing-Videos nur einer von vielen Punkten auf der Checkliste für ein erfolgreiches Online-Marketing, die Sie ohnehin abzuarbeiten haben. Im Zweifel sollten Sie auf fachliche Unterstützung zurückgreifen, denn Musik ist auf jeden Fall ein so machtvolles Gestaltungselement im Film, dass sich der letztlich überschaubare Mehraufwand unbedingt auszahlt.

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